Handelsstreit:Europa muss sich gegen Trumps Willkür wappnen

Shipping containers are stacked up at the port of Rotterdam

Container im Hafen von Rotterdam: Trumps Strafzölle gegen China gefährden auch die Konjunktur in Europa.

(Foto: REUTERS)

Der US-Präsident bedroht mit seinen Strafzöllen gegen China den weltweiten Wohlstand. Europa sollte sich nicht zu sicher fühlen, sondern auf neue Attacken vorbereitet sein.

Kommentar von Alexander Hagelüken

Ab dieser Woche gelten Donald Trumps neue Zölle gegen China, die alles in den Schatten stellen: Der US-Präsident vervierfacht die Strafabgaben auf Produkte Made in China. Und die Regierung in Peking schlägt nun zurück. Optimistisch setzt nun mancher darauf, dass Europa von der Eskalation profitiert. Wenn sich Trump mit Präsident Xi im Staub wälzt, lässt er doch Europa erst mal in Ruhe, oder? Und sind zollfreie deutsche Produkte jetzt nicht billiger als die Konkurrenz aus China und USA? Es wird Zeit, mit diesem Irrtum aufzuräumen und sich klarzumachen, vor welchem Abgrund die Welt steht.

Was sich da gerade abspielt, ist in der westlichen Nachkriegsordnung ohne Beispiel. Trump verteuert chinesische Waren im Umfang von 250 Milliarden Dollar mit Zöllen. Er trifft damit nicht nur die Hälfte aller chinesischen Exporte nach Amerika. Das Volumen ist auch doppelt so groß wie alles, was Amerika überhaupt ins Reich der Mitte verkauft. Peking kann also nicht mit gleicher Münze heimzahlen. Jedenfalls nicht mit Zöllen. Daher wird es wahrscheinlicher, dass die Regierung zu anderen schmutzigen Tricks greift. Also ihre Währung abwertet. Oder ausländische Ware an der Grenze stoppt, weil sie angeblich minderwertig ist. Der Protektionismus vergiftet langsam die Geschäfte, die Firmen aus den USA, China und sonstwo auf dem Globus betreiben.

Die Weltwirtschaft erlebte in den vergangenen Dekaden durch Freihandel einen ungeahnten Aufschwung. Wird der Freihandel sabotiert, muss sie leiden. Das zeigt sich nicht auf einen Schlag mit einer plakativen Exportzahl, sondern allmählich wie bei einem Langzeitgift. Die US-Bürger müssen mehr für chinesische Waren bezahlen und konsumieren deshalb weniger. Firmen überall auf dem Erdball stoppen Investitionen, weil sich das Klima eintrübt. Weil Deutschland besonders vom internationalen Geschäft abhängt, ist es auch besonders verwundbar.

Noch gravierender als die unmittelbaren Konjunkturschäden wirkt, dass Trump die liberale Weltordnung zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte der Westen ökonomische Regeln. Sie sollten die Willkür ersetzen, die in den Dreißigerjahren die Weltwirtschaftskrise verschlimmerte. Das neue System schuf Ruhe, in der der Wohlstand gedeihen konnte, den wir heute für selbstverständlich halten. Als sich die USA im Jahr 2004 über Europas Subventionen an Airbus aufregten, respektierten sie die Nachkriegsregeln und klagten vor der Welthandelsorganisation WTO.

Wenn sich Trump über Chinas Fouls gegen ausländische Firmen aufregt, die es durchaus gibt, ignoriert er die Regeln. Statt vor der WTO zu klagen, verhängt er nach Gusto Strafzölle. Auch wegen des US-Handelsdefizits an sich. Also für die Tatsache, dass Amerika wenig Waren in die Welt verkauft, weil es seine Industrie heruntergewirtschaftet hat.

Trump bringt die Willkür zurück in die Weltwirtschaft. Warum sollen sich künftig Brasilien, Südkorea oder Russland an die Regeln halten, wenn es ausgerechnet die USA nicht tun, die die liberale Weltordnung miterfanden?

Europa muss sich gegen Attacken aus Washington wappnen

Wegen der Rückkehr der Willkür dürfen sich die Europäer nicht sicher fühlen. Vielleicht nimmt sie Donald Trump schon morgen ins Visier, wenn er sich davon einen Vorteil für die Kongresswahlen verspricht, die für die Republikaner schwierig werden. Vor der scheinbaren Verständigung mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Juli wetterte Trump monatelang vor allem gegen Europas Autozölle. Bei der Verständigung ging es dann gar nicht mehr um Pkw, sondern um Sojabohnen. Vor Kurzem lehnte der amerikanische Präsident ein Brüsseler Angebot ab, alle Autozölle zu kippen. Was er wirklich will, weiß er vielleicht selbst nicht. Europa profitiert von der amerikanisch-chinesischen Eskalation? Seid nicht naiv.

Statt sich als Handelskriegsgewinnler zu gerieren, sollten sich die Europäer wappnen. Zum einen gegen weitere Attacken aus Washington. Amerika ist selbst verwundbar. Europa kann die hiesigen Geschäfte der Digitalkonzerne von Amazon bis Google stören, die für die US-Wirtschaft so wichtig sind. Zum anderen sollten sich die Europäer, besonders die Deutschen, gegen die absehbare Störung der Weltwirtschaft wappnen. Dazu bedarf es Reformen, die den Handel innerhalb der EU ausweiten. Und es bedarf der Investitionen innerhalb Deutschlands, die die Binnennachfrage stärken, wenn der Export schwächelt.

Allerdings: Das alles wird die globalwirtschaftlichen Verluste wohl nur zum Teil kompensieren. Es könnte gut sein, dass die Menschen bald an diesen Montag zurückdenken als den Tag, an dem sich die Weltläufte durch Trumps Zollangriff drastisch verschlechterten.

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