G-7-Gipfel und Klimaschutz:Was die Klima-Versprechen wirklich bringen

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Nur heiße Luft? Die G-7-Teilnehmer als Ballons bei einer Demonstration auf dem Münchner Odeonsplatz. (Foto: AFP)

Wenn sich die G-7-Staats- und Regierungschefs in Elmau treffen, werden sie auch Ziele zum Klimaschutz formulieren. Leere Worte? Nicht nur.

Kommentar von Michael Bauchmüller, Berlin

Glaubt man der Bundesregierung, dann wird dieser Tage um das Weltklima wieder mal hart gerungen, Wort für Wort. Ein eigenes Kapitel "Klimapolitik" sollen die G-7-Staaten in Elmau verabschieden, eine Art Langfrist-Verpflichtung im Kampf gegen die Erderwärmung. Von einer "Dekarbonisierung" im Laufe des Jahrhunderts soll dort die Rede sein, einer Wirtschaft ohne Kohlenstoffe, vielleicht sogar mit konkreten Prozentzahlen. Würde es die Dinge ändern? Vermutlich nicht.

Jedenfalls nicht direkt. Das jedenfalls lehrt die Erfahrung, denn ganz neu ist der Klimaschutz als G-7- oder G-8-Thema nicht. Angela Merkel selbst stritt darüber in Heiligendamm 2007 mit George W. Bush, sie erntete die vage Andeutung eines Zugeständnisses. Beim Gipfel im italienischen L'Aquila zwei Jahre später versprachen die G 8, ihre klimaschädlichen Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu senken, gemessen an 1990. Im Jahr darauf, im kanadischen Muskoka, verlangten sie "weltweit eine drastische Senkung der Emissionen", und ein Jahr später machten sie den Kampf gegen die Erderwärmung zur "weltweiten Priorität". Das war in Deauville, Frankreich. So geht Gipfel um Gipfel dahin. Die Worte sind groß, viel größer als die realen Fortschritte. Nur langsam sinken die Emissionen der Sieben. Minus 80 Prozent bis 2050? Das scheint beim derzeitigen Tempo so gut wie unerreichbar.

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In Wahrheit entpuppt sich das alljährliche Klimabekenntnis, bei allem Streit ums Detail, als kleinster gemeinsamer Nenner einer zutiefst uneinigen Gruppe. Da wäre etwa Japan, das trotz einer Reaktorkatastrophe seine abgeschalteten Kernkraftwerke wieder ans Netz nehmen will. Oder Großbritannien, das Investoren den Neubau derselben mit einer speziellen Atomstrom-Vergütung versüßen will. Derweil sorgt sich die Regierung in Ottawa wegen des Ölpreises, denn Kanadas ökologisch katastrophalen Teersande werfen nicht mehr so viel ab. Und die USA versorgen sich weiterhin mit Erdgas, das sie ganz unkonventionell per Fracking gewinnen. Das ist zwar auch fossil, drängt aber die weit klimaschädlichere Kohle zurück - jene Kohle, um deren Zukunft hierzulande wiederum so erbittert gestritten wird; obwohl die Bundesregierung doch angeblich eine Zukunft allein in Ökoenergien sieht. Was diese sieben eint, ist ihre historische Verantwortung für den größten Teil des Klimaproblems - nach Jahrzehnten fossilen Wachstums.

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Sollten sie dieser Verantwortung je gerecht werden, dann allerdings nicht wegen hehrer Worte aus L'Aquila, Muskoka oder Elmau. Mag sein, dass die Erklärung aus Bayern auch die Konferenz in Paris voranbringt, wo Ende des Jahres ein neues Klimaabkommen entstehen soll, das erstmals alle Staaten umfasst. Doch schon jetzt ist klar, dass dieses Abkommen zwar besser ist als nichts, aber eben auch wenig verbindlich sein wird: Es wird den Geist der Freiwilligkeit atmen.

Der massive Preisverfall bei erneuerbaren Energien wirkt mehr als alle Bekenntnisse

So nähren unzählige folgenlose Gipfeldeklarationen und ein nur unverbindlicher Klimaschutz den Verdacht, dass der Abschied von klimaschädlichen fossilen Rohstoffen sich von oben nur begrenzt erreichen lässt - aber umso wirksamer von unten. Denn jenseits der Gipfel kommen die Dinge durchaus in Bewegung. Soeben hat die Entwicklungsorganisation Germanwatch Zahlen zur globalen Energiepolitik vorgelegt, es sind Zahlen des Wandels. Demnach geht in China der Kohleverbrauch zurück, obwohl die Wirtschaft wächst. In Indien wurden Kohlekraftwerke geplant, aber dann nicht gebaut, und erstmals entstanden 2013 mehr erneuerbare Strom-Kapazitäten als konventionelle. Der Anstieg der energiebedingten CO₂-Emissionen stagniere. "Umbrüche" zeichneten sich ab, konstatiert die Studie.

Das wiederum liegt nicht am Willen der Mächtigen. Der massive Preisverfall bei erneuerbaren Energien macht Windparks und Solaranlagen vielerorts konkurrenzfähig zu fossilen Kraftwerken. Das wirkt mehr als alle Bekenntnisse. Und in China begehrt eine wachsende Mittelschicht gegen schlechte Luftqualität auf - mit dem Ergebnis, dass alte Kraftwerke geschlossen werden und der größte Kohlendioxid-Emittent der Welt einen Handel mit Emissionsrechten einführen will.

All das macht die Worte der Elmauer Erklärung nicht überflüssig, schon gar nicht ein Abkommen in Paris. Denn so sehr sich die sieben auch um Worte streiten, so unterschiedlich sie im Einzelnen an die Energiepolitik herangehen - jedes Bekenntnis zum Klimaschutz gibt letztendlich denjenigen zusätzliche Sicherheit, die den Wandel finanzieren müssen: Investoren. Eine "Dekarbonisierung der Weltwirtschaft", das wäre so ein Fernziel, ob alle G-7-Partner das nun gleichermaßen anstreben oder nicht. Hauptsache, Investoren tun's.

© SZ vom 05.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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