Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Schwarze Schafe im weißen Kittel

Korruption gibt es überall. Doch im Gesundheitssystem wiegt sie besonders schwer.

Von Heidrun Graupner

Die Ärzte reagierten mit heftigen Abwehrbewegungen. Von Verunglimpfungen und falschen Behauptungen sprach die Kassenärztliche Bundesvereinigung empört, als Transparency International den Bericht über Korruption im Gesundheitswesen vorlegte.

Die Ärzte aber stellen sich vor die falschen Kollegen. Nicht zum ersten Mal prangert die Anti-Korruptionsorganisation Betrug im deutschen Gesundheitswesen an, immer wieder werden, nicht nur von Transparency International, Schiebung und Korruption enthüllt.

Ob nun Behandlungen von längst Toten abgerechnet, billige Zahnprothesen aus China als deutsche Wertware verkauft oder im Dienst der Pharmaindustrie Arzneien verschrieben werden.

Korruption überall zu finden

Zwischen sechs und zwanzig Milliarden Euro an Versichertengeldern versickern in privaten Taschen, und in allen Bereichen, in Apotheken oder Unternehmen, wird mitgemischt.

Korruption wird überall beklagt, auch in Ministerien und Bundesbehörden bereichern sich Einzelne an Steuergeldern.

Doch im Gesundheitswesen wiegt Korruption besonders schwer: Sie ruiniert ein System, das auf Solidarität und ethischen Grundsätzen aufgebaut ist. Einen Korruptionsbeauftragten wollte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mit ihrer Reform installieren, sie hat, nach Bitten der Ärzte, darauf verzichtet, weil Ärzte und Industrie einen Ehrenkodex vorlegten.

Er ist offenbar ein Papier ohne Wert.

Rechnungen für alle wären ein Anfang

Die ehrlichen Ärzte, und sie sind die Mehrheit, schützen mit ihrem Protest die schwarzen Schafe im weißen Kittel. Sie sollten bei der Aufklärung mithelfen und für Transparenz sorgen. Rechnungen für alle Patienten, auch für gesetzlich Versicherte, könnten ein Anfang sein.

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Quelle:
SZ vom 13.11.2004
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