Kommentar:Kampf der Aufseher

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Das Kartellamt will mit seiner Entscheidung demonstrieren, wer der wahre Hüter des Wettbewerbs bei der Post ist. Die Mehrzahl der Briefkunden wird von der Marktöffnung zunächst nicht profitieren.

Von Gerhard Hennemann

Das scharfe Vorgehen des Bundeskartellamtes gegen die Post ist zweifellos ein Vorgang, der deutlich aus dem Alltagsgeschäft der Behörde herausragt.

Wie schon beim Verkauf der TV-Kabelnetze durch die Telekom schert sich das Amt auch diesmal nicht um die Finanzinteressen des Bundes, sondern entscheidet ausschließlich nach wettbewerbsrechtlichen Kriterien.

Bemerkenswert ist der Vorgang aber auch deshalb, weil das Kartellamt offensichtlich demonstrieren möchte, wer der wahre Hüter des Wettbewerbs bei der Post ist.

Eins ausgewischt

Während sich die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post große Verdienste um die Öffnung des Telekommunikationsmarktes erworben hat, blieb ihr Einfluss auf das Marktgeschehen im Postbereich bis heute vergleichsweise gering.

Zugegeben: Das geltende Recht lässt dem Regulierer bei der Post weniger Handlungsspielraum als bei der Telekom.

Dennoch konnte man im Laufe der Jahre gelegentlich den Eindruck gewinnen, dass die Drähte zwischen der Regulierungsbehörde und dem benachbarten Post-Tower stets dann besonders gut funktionierten, wenn dem gelben Riesen mal wieder ein Hauch von Wettbewerb in seinem Briefgeschäft drohte.

Das Kartellamt wartete deshalb schon lange auf eine Gelegenheit, um der ungeliebten Konkurrenzbehörde, die demnächst auch noch für Strom und Gas zuständig sein wird, eins auszuwischen.

Fraglich ist jedoch, welchen Effekt dieser Vorstoß für die Klientel der Post haben wird. Zumindest für die privaten und die kleinen gewerblichen Kunden, die bestenfalls nur eine Handvoll Standardbriefe am Tag versenden, dürfte alles beim Alten bleiben, denn sie sind für die Einsammler und Vorsortierer uninteressant.

Rosinenpickende Wettbewerber

Die Intervention des Kartellamtes könnte für sie im ungünstigsten Fall sogar negative Konsequenzen haben. Dann nämlich, wenn sich die neuen Wettbewerber im bisher monopolgeschützten Bereich aufs Rosinenpicken verlegen und die rentable Briefverteilung in Ballungsgebieten selbst übernehmen.

Der Post blieben dann - und das auch noch zu rabattierten Konditionen - die schlechten Risiken auf dem Lande übrig, für die sie zumindest bis Ende 2007 einen Ausgleich verlangen könnte.

Während das Telefonieren nach 1998 von heute auf morgen für alle Bundesbürger billiger wurde, wird die Mehrzahl der Briefkunden wohl erst dann von der Marktöffnung profitieren, wenn die gesamte Preisbildung im Briefgeschäft dem Wettbewerb unterliegt.

Das aber dürfte, ungeachtet der aktuellen Länder-Vorstöße im Bundesrat, wohl nicht vor Anfang 2008 der Fall sein.

© SZ vom 14.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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