Kommentar:Falsches Signal aus Berlin

Aus Sorge um den Airbus-Produktionsstandort Hamburg erwägt die Bundesregierung offenbar einen Einstieg bei EADS. Doch EADS und die Tochtergesellschaft Airbus brauchen nicht mehr, sondern weniger staatlichen Einfluss.

Jens Flottau

Als vor einigen Wochen eine russische Staatsbank rund fünf Prozent am Luft- und Raumfahrtkonzern EADS erwarb, war die Aufregung groß. Ein Berater von Präsident Wladimir Putin hatte angedeutet, langfristig über einen Sitz im EADS-Aufsichtsrat den Einfluss Russlands auf den Konzern stärken zu wollen.

EADS verwies sofort auf das Abkommen zwischen den aktuellen Anteilseignern, das einen solchen Schritt unmöglich mache. Die Kommentatoren empörten sich über die allzu forsche russische Industriepolitik.

Einfluss soll gewahrt werden

Nun erwägt die deutsche Bundesregierung offenbar selbst über die Staatsbank KfW einen Einstieg bei EADS - für den Fall, dass DaimlerChrysler weitere Anteile verkaufen will. So soll der deutsche Einfluss gewahrt und verhindert werden, dass der Standort Hamburg in der geplanten Airbus-Restrukturierung allzu sehr geschröpft wird.

Das ist das falsche Signal: EADS und die Tochtergesellschaft Airbus brauchen nicht mehr, sondern weniger staatlichen Einfluss. Die anstehende Restrukturierung bei Airbus ist gerade die Chance, Auftragsvergaben nach nationalen Kriterien und Quoten möglichst abzuschaffen und durch ein aus industrieller Sicht möglichst sinnvolles System zu ersetzen.

Es kann nicht ernsthaft Ziel der Bundesregierung sein, überholte Strukturen erhalten zu wollen. Die Furcht, der Standort Hamburg würde in großem Stil platt gemacht, ist zudem nicht angebracht.

Zumindest mitverantwortlich

Tatsächlich ist Airbus Deutschland für viele der Probleme beim Airbus A380 zumindest mitverantwortlich und wird deswegen schon im eigenen Interesse organisatorische und industrielle Änderungen einleiten müssen.

Das heißt aber nicht, dass Airbus wichtige Aufgaben wie die Innenausstattung der Flugzeuge einfach abziehen kann. Das ist viel zu teuer, und an anderer Stelle, etwa in Toulouse, fehlen Know-how und Infrastruktur.

Wenn es einschneidende Änderungen gibt, werden diese künftige Programme wie den neuen Langstreckenjet A350 oder einen Nachfolger der A320-Baureihe betreffen. Hamburg muss sich jetzt im internen und externen Wettbewerb durchsetzen, wenn die Arbeit neu verteilt wird. Das mag für den Standort nicht immer gut ausgehen, aber ein von protektionistischen Motiven geleiteter Einstieg der KfW wäre sicherlich noch schädlicher.

Erst am Anfang

Manchmal hilft ein Blick zur Konkurrenz: Boeing lässt das neue Modell 787 zu einem großen Teil von externen Lieferanten in aller Welt bauen und beschränkt sich im Wesentlichen auf Planung und Endmontage. Airbus steht erst am Anfang solcher Veränderungen.

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