Kommentar:Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Josef Ackermann vermittelt den Eindruck, es sei ihm egal, was die Öffentlichkeit über ihn denkt. Das ist vielleicht sein entscheidender Fehler. Denn ein Unternehmen wie die Deutsche Bank schwebt eben nicht im luftleeren Raum.

Von Karl-Heinz Büschemann

Vermutlich ist Josef Ackermann der am meisten angefeindete Manager in diesem Lande.

Zumindest seit der Chef der Deutschen Bank vorige Woche ankündigte, eine traumhafte Rendite von 25 Prozent auf das eingesetzte Kapital anstreben zu wollen und gleichzeitig den Abbau von 6400 Arbeitsplätzen meldete.

So wächst Wut. IG Metall-Chef Jürgen Peters schimpfte über Manager "ohne soziales Gewissen". Auch die Regierung ist sauer auf den Konzernchef, der die Bank seit 2002 führt.

Eindruck von Hybris

Wirtschaftsminister Clement zeigte zwar Verständnis dafür, dass die Bank wieder auf einen der ersten Plätze weltweit kommen wolle. Der Abbau von Stellen dürfe dazu aber nicht das einzige Mittel sein.

Eine Debatte über die Deutsche Bank geht durch das Land - leider die falsche. Politiker und Experten diskutieren, wie hoch Gewinne sein dürfen und ob es die moralische Pflicht eines Unternehmens sei, der Nation Arbeitsplätze zu schenken.

Dabei ist es in der Marktwirtschaft sinnlos, einem Unternehmen seine Gewinne vorzuwerfen. Dass Ackermann und die Deutsche Bank in dieser populistischen Debatte die Aggressionen auf sich ziehen, hat weniger mit den Zahlen der Bank selbst zu tun, als mit der Selbstdarstellung des größten deutschen Geldhauses, das oft den Eindruck von Hybris vermittelt.

So ist Ackermanns Ziel einer Kapitalrendite von 25 Prozent nicht verwerflich. Es ist aber langfristig gesehen unrealistisch. Der Deutschen Bank wie ihrem Chef fehlt es an Glaubwürdigkeit.

Keine Benefiz-Veranstaltung

Die Deutschen wissen, dass die Marktwirtschaft keine Benefiz-Veranstaltung ist, dass Unternehmensgewinne nötig sind, um Arbeitsplätze zu schaffen. Aber die Menschen haben ein gutes Gespür dafür, ob ein Unternehmen aufrichtig handelt, ob es seine Versprechen hält und dafür, ob es Erfolg hat.

Hier zeigt die Deutsche Bank klare Mängel. Das Institut steht zwar mit Abstand am besten da unter den deutschen Banken, trotzdem hat Ackermann viel mehr versprochen, als er bisher halten konnte.

Der Manager machte sich angreifbar, als er vor einem Jahr das Victory-Zeichen im Mannesmann-Prozess zeigte. So richtete sich der Ärger über Millionen-Abfindungen für Manager vor allem gegen ihn.

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Der Düsseldorfer Prozess, in dem auch ihm der Bruch des Aktiengesetzes vorgehalten wurde, brachte die Öffentlichkeit vor allem gegen Ackermann auf, auch wenn er und die anderen Mitangeklagten freigesprochen wurden.

Nicht im luftleeren Raum

Aber auch die verunsicherte eigene Belegschaft steht nicht geschlossen hinter ihm. Wiederholt gab es Ärger, weil Spitzenkräfte der Bank Ackermanns Strategie nicht mittragen wollten.

Auch die Aktionäre, denen sich Ackermann besonders verpflichtet fühlt, sind von dem Bankchef nicht überzeugt. Der Kurs der Deutschen Bank liegt heute zehn Prozent niedriger als bei seinem Amtsantritt.

Ackermann vermittelt dagegen den Eindruck, es sei ihm egal, was die Öffentlichkeit über ihn denkt. Das ist vielleicht sein entscheidender Fehler. Kein Unternehmen schwebt im luftleeren Raum.

Sein angesehener Vorvorgänger Alfred Herrhausen, der 1989 von RAF-Terroristen ermordet wurde, war in diesem Punkt weiter. "Ich glaube, die Deutsche Bank ist ein Beispiel dafür, dass sich Bankiers gesamtwirtschaftlicher Verantwortung stellen", sagte der Bankchef.

Ohne Akzeptanz der Gesellschaft kein Erfolg

Er selbst hat sich in die öffentliche Pflicht nehmen lassen und sich um die Neuordnung der Stahlindustrie gekümmert, er focht für einen Schuldenerlass in der Dritten Welt und beriet Helmut Kohl.

Vor allem aber wollen die Menschen verstehen, was in einem Unternehmen geschieht. Herrhausen hatte erkannt, dass auch eine Deutsche Bank ohne die Akzeptanz der Gesellschaft nicht erfolgreich sein kann.

"Wir wissen sehr genau, dass unsere Unternehmensstrategien ohne Öffentlichkeit und deren Zustimmung kaum erfolgreich durchgesetzt und praktiziert werden können." Dem ist wenig hinzuzufügen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: