Kommentar:Der Strom unter Strom

Gut möglich, dass Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel den Managern großer deutscher Stromkonzerne bald in Albträumen erscheint. Unter dem Applaus von Verbrauchern führt er seit Monaten seine ganz private Schlacht gegen die Branche.

Michael Bauchmüller

Erst untersagte er hessischen Stromversorgern Preiserhöhungen. Nun droht er ihnen, sie zu günstigeren Preisen zwingen zu wollen, sofern sie nicht von selbst die Preise senken.

Die Vorstöße mögen an der Grenze zum Populismus liegen, doch sie sprechen Bände über den Zustand des Strommarktes. Tatsächlich hören Haushalte seit Monaten wortreiche Begründungen dafür, warum die Preise steigen müssen.

De facto aber basiert der aktuelle Strompreis auf den einst hohen Großhandelspreisen für elektrische Energie - obwohl diese deutlich gefallen sind.

Er basiert auf hohen Kosten für Klimaschutz-Zertifikate - obwohl deren Preis zuletzt eingebrochen ist. Und er basiert auf der teuren Durchleitung durch das Stromnetz - deren Preis auf Druck der Wettbewerbshüter bald sinken soll.

Teuer bleiben dann allein Energierohstoffe wie Kohle oder Gas. Mit den Vorprodukten werden normalerweise auch Endprodukte billiger, sofern Unternehmen um Kunden kämpfen müssen.

Drohung als Druckmittel

Deutsche Stromkonzerne behaupten stets, sie stünden im Wettbewerb. Doch flexibel sind die Strompreise offenbar nur nach oben. Bei Preissenkungen können sich die Versorger nach wie vor eine eigenartige Trägheit erlauben.

Staatliche Preisvorgaben sind keine Alternative zu echtem Wettbewerb. Aber als Druckmittel auf dem Weg dorthin mag die Drohung aus Hessen taugen. Den Rest können hoffentlich bald die Verbraucher erledigen - indem sie sich von teuren Anbietern abwenden.

© SZ vom 6.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: