Donald Trump ist schneller als erwartet in Deutschland angekommen. Zwei Wochen nach seinem Wahlsieg bestimmt der gewählte nächste Präsident der USA bereits die deutsche Politik: Finanzminister Wolfgang Schäuble hat sich am Dienstag von seinem Vorhaben verabschiedet, Steuern ein wenig gerechter zu gestalten - eine klare Reaktion auf Trump, der Unternehmen mit niedrigen Abgaben belohnen will. Schäuble erklärte im Bundestag den internationalen Steuerwettbewerb für wieder eröffnet und kündigte an, dass Deutschland sich auf ihn einstellen wird.
Was für eine Wende! Bisher hat sich der Deutsche daheim, in Europa und auf internationaler Bühne zumindest verbal stets als Vorkämpfer für mehr steuerliche Gerechtigkeit inszeniert. Man darf Schäuble abnehmen, dass er es durchaus ernst gemeint hat. So, wie er es auch ernst meint, wenn er davor warnt, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet ist, wenn Manager immer höhere Gehälter kassieren oder Unternehmen beinahe keine Steuern zahlen müssen.
Immer nur Steuern senken - wo bleibt da die Gerechtigkeit?
Dass er seine Ambitionen zurückstellt und stattdessen den steuerpolitischen Fehdehandschuh aufnimmt, zeigt beinahe ins Groteske verzerrt, wie sehr der Rückzug ins Nationale in den USA und auch in Großbritannien mittlerweile über deren Landesgrenzen hinaus wirkt.
Schäubles Reaktion zeigt noch etwas: dass es für die Bundesregierung Zeit ist, den Entwicklungen aktiv zu begegnen. Abwarten ist keine Option. Trumps Plan, Unternehmen über Steuersenkungen und durch das Streichen von gesetzlichen Umweltvorschriften ins Land zu holen, hat den sich bereits abzeichnenden Wettlauf um Niedrigsteuern endgültig eröffnet.
Deutschland allein hätte wenig auszurichten
Deutschland ist gefordert, sich zu positionieren. Die Ankündigung der britischen Premierministerin Theresa May, die wirtschaftlichen Folgen des Austritts des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union über Steuervorteile für Unternehmen mildern zu wollen, hat Schäuble noch verärgert zurückgewiesen. Schließlich haben die Europäer bei den Austrittsverhandlungen die Möglichkeit, selbst Bedingungen zu stellen.
Wenn sich aber die USA mit Großbritannien im Steuerdumping verbünden, hat Europa dem weit weniger entgegenzusetzen. Im besten Fall konkurrieren dann zwei gleich starke Binnenländer miteinander. Deutschland allein hätte wenig auszurichten.
Grundsätzlich gibt es nun zwei Optionen. Deutschland und die anderen 26 EU-Staaten können zusammen für faire Steuern kämpfen. Oder sie treten in den Wettbewerb ein, jeder für sich. Schäubles Auftritt im Bundestag lässt Letzteres als wahrscheinlichere Variante erscheinen. Es wäre ein großer Fehler.