Seit kurzer Zeit verbucht der Internethändler Amazon.de seine milliardenschweren Verkäufe nicht mehr in der Steueroase Luxemburg, sondern in Deutschland. Er lässt damit erstmals seine deutschen Gewinne hierzulande versteuern. Kann man jetzt wieder ruhigen Gewissens bei Amazon einkaufen, zumindest aus steuerlicher Sicht? Oder nutzt der Konzern weiterhin Schlupflöcher, um Profit vor dem Finanzamt zu verstecken?
Das kann niemand von außen überprüfen. Genau das ist das Problem. Steuererklärungen von Konzernen sind nicht öffentlich. Das strenge Steuergeheimnis schützt auch Unternehmen, die die Gesellschaft um Milliarden prellen. Erst durch interne Dokumente - die sogenannten Luxemburg-Leaks - konnten Medien Ende 2014 aufdecken, wie internationale Unternehmen dank des Großherzogtums ihre Steuerzahlungen auf weniger als ein Prozent drücken.
Amazon beispielsweise ließ Gewinne aus Deutschland in einer Gesellschaft verschwinden, die gar keine Steuern mehr zahlen muss. Dafür nutzte das Unternehmen Lizenzgebühren. Amazon.de musste eine Schwesterfirma dafür bezahlen, um den eigenen Markennamen und die Verkaufssoftware zu nutzen. Eine mittlerweile bekannt gewordene Steuererklärung für 2009 zeigt, dass die Lizenzgebühren mehr als 500 Millionen Euro betrugen. Unterm Strich machte die Europa-Zentrale des Internethändlers in Luxemburg dann keinen Gewinn, sondern knapp drei Millionen Euro Verlust und musste darauf somit gar keine Steuern zahlen.
Nicht mal das Finanzamt steigt durch
Solche Tricks sind theoretisch ebenfalls möglich, wenn die Umsätze zuerst über eine deutsche Niederlassung laufen, auch wenn die Gesetze hierzulande strenger sind als die in Luxemburg. Ob ein Konzern korrekte Lizenzgebühren zahlt oder ob er mit überhöhten Zahlungen nur Gewinne außer Landes bringt, ist nicht zu überprüfen.
In den lokalen Finanzämtern, in denen die Firmen ihre Steuererklärungen einreichen, fehlen meist Beamte, um überhaupt Unternehmen ausreichend zu kontrollieren. Mittelgroße Betriebe bekommen im Durchschnitt nicht einmal alle 15 Jahre Besuch von einem Betriebsprüfer. Die Konzerne wiederum engagieren hoch bezahlte Finanzmagier, die so komplexe Konstrukte bauen, dass selbst motivierte Finanzbeamte kapitulieren müssen.