Kohleausstieg:Nun zu den Erneuerbaren

Handelsblatt-Energie-Tagung

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte mit dem Kohleausstiegsgesetz viel Arbeit.

(Foto: Christophe Gateau/dpa)

Das Bundeskabinett billigt den Entwurf für ein Kohleaus­stiegsgesetz - doch vielen geht es nicht weit genug.

Von Michael Bauchmüller

Peter Altmaier, 61, war kürzlich bei der Familienfeier eines seiner akademischen Lehrer. Eine Schar "durchaus konservativer" Enkel sei da herumgesprungen, erzählte der Wirtschaftsminister später. "Und die alle fragten mich, Herr Minister, was wollen Sie denn tun, damit das Klima besser geschützt wird?" Die Klimafrage habe "eine andere Breitenwirkung bekommen", stellte Altmaier fest.

Seit diesem Mittwoch hat er nun endlich eine Antwort. Das Bundeskabinett billigte den Entwurf für ein Kohleausstiegsgesetz - ziemlich genau ein Jahr, nachdem eine Kommission die Blaupause dafür geliefert hatte. Damit endet ein quälend langer Prozess, der zuletzt vor allem noch um die Frage kreiste, wie viele Braunkohlekraftwerke Mitte der Zwanzigerjahre stillgelegt werden sollen. Am Ende wurde diese Frage eher zu Ungunsten des Klimas beantwortet: Auf Druck des Landes Brandenburg wurden einige Abschaltungen noch etwas aufgeschoben. Insgesamt sollen allein die Betreiber von Braunkohlekraftwerken und Tagebauen 4,35 Milliarden Euro Entschädigung bekommen. Bis zu 40 000 Beschäftigte sollen Anpassungsgeld erhalten, insgesamt bis zu fünf Milliarden Euro.

Auch letzte Details für die Entschädigung von Steinkohlekraftwerken sind nun geregelt. So sollen jene, die sich schon in diesem Jahr um die Abschaltung eines Kohleblocks bemühen, bis zu 165 000 Euro je Megawatt Leistung bekommen. Für ein Kraftwerk mit 300 Megawatt Leistung könnten es also knapp 50 Millionen Euro Abschaltprämie geben. Bis 2026 schmilzt dieser Höchstbetrag auf 49 000 Euro, dann fällt er ganz weg.

Natürlich gibt es nun einen Chor der Unzufriedenen. Zu teuer erkauft sei dieser Ausstieg, wettert mancher in der Opposition, anderen geht er noch nicht schnell genug. Schon letzte Woche hatten Umweltschützer den Kohlekonsens für aufgekündigt erklärt, weil das Gesetz viel weniger für das Klima bringe als vereinbart. Stadtwerke sehen zu wenig Anreize für den Ausbau von Wärmenetzen, die Industrie möchte verbindlich entlastet werden. Außer Altmaier und dem Rest des Kabinetts scheinen nicht viele glücklich mit diesem Ausstiegsgesetz.

Für Altmaier zählt anderes an diesem Mittwoch: Diese Baustelle ist erledigt. "Ich bin überzeugt, dass uns heute ein wirklich großer Wurf gelungen ist", sagte er. "Das ist ein Durchbruch für mehr Klimaschutz." Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprach später wörtlich von einem "runden Paket". Naja.

Altmaier aber hat damit ein weiteres Konfliktthema des so unruhigen Jahres 2019 erledigt. Der zwischenzeitlich enttäuschte Mittelstand hat nun eine "Mittelstands-Strategie", die Industrie hat Ruhe zu Altmaiers "Industriestrategie" gegeben, der Ärger um den Kohleausstieg ist beendet. Der Saarländer kann sich damit voll und ganz dem nächsten Thema widmen, der Wiederbelebung der erneuerbaren Energien. Deren Krise werde er sich nun zuwenden, versprach Altmaier am Mittwoch. Die Enkel bei der Professorenparty würde es gewiss freuen.

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