Köln:Krise bei Kaufhof

Kaufhof - altes Logo

Kaufhof wurde bereits 1879 gegründet und betreibt 97 Warenhäuser, die meisten in deutschen Innenstädten. Im Bild ein altes Logo auf dem Parkhaus der Kaufhof-Filiale in Köln.

(Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Das Warenhausunternehmen Kaufhof plagen Probleme. Immer mehr Kunden bestellen im Internet, US-Rivale Amazon gewinnt weiter Marktanteile.
  • An diesem Montag könnte Kaufhof jetzt weiteres Ungemach drohen. Denn eine wichtige Frist bei den Banken läuft ab.
  • Das Problem für Kaufhof und Mutterkonzern HBC ist: Wenn die Auflagen der Landesbanken nicht erfüllt werden, kann das im Extremfall zur Kündigung des Kreditvertrages durch die Banken führen.

Von Michael Kläsgen

Am Wochenende liefen die Telefone heiß zwischen Galeria Kaufhof in Köln und dem Mutterkonzern HBC, der Hudson's Bay Company in Kanada. Eine Telefonkonferenz folgte der anderen, die Teilnehmerzahl wuchs bis auf 20. Jerry Storch war dabei, der Chef von HBC, und natürlich auch Wolfgang Link, der Kaufhof-Vorstandsvorsitzende. "Was ist da los in Germany?", war die Frage, die seit Kurzem alle aufreibt. Vor wenigen Tagen hatte der Warenkreditversicherer Euler Hermes seine Kreditlinien für Kaufhof-Lieferanten um 80 Prozent gekürzt. Eine Nachricht mit möglicherweise weitreichenden Folgen.

Keine Frage: Galeria Kaufhof ist in einer Krise. Das Unternehmen, bereits 1879 gegründet, betreibt 97 Warenhäuser, die meisten in deutschen Innenstädten, und hat dazu weitere 16 Filialen in Belgien. Beschäftigt werden 21 000 Mitarbeiter. Lange gehörte Kaufhof zum Düsseldorfer Handelskonzern Metro, der das Unternehmen dann 2015, zwei Jahre vor seiner eigenen Aufspaltung, samt mehreren Immobilien an die Kanadier verkaufte. Seitdem gibt es viele Nachrichten: Der Umsatz geht zurück, der Chef wurde ausgetauscht.

Ohnehin ist es für die großen Warenhausunternehmen alles andere als einfach, das spürt auch der einzige große Konkurrent in Deutschland, Karstadt. Immer mehr Kunden bestellen im Internet, US-Rivale Amazon gewinnt weiter Marktanteile. Das Konzept des "Alles unter einem Dach" in den Innenstädten, wie es Kaufhof und Karstadt lange verfolgten, verliert an Attraktivität. Gleichzeitig wird die Konkurrenz im Textilbereich durch die großen Modeketten immer stärker.

Drei Landesbanken haben den Kanadiern viel Geld geliehen

An diesem Montag könnte Kaufhof jetzt weiteres Ungemach drohen. Denn eine wichtige Frist bei den Banken läuft ab. Zweimal im Jahr prüft ein Konsortium der Landesbanken LBBW, Helaba, HSH und der Ergo-Versicherung, ob HBC die in einem Kreditvertrag gemachten Zusagen einhält. Diese Prüfung erfolgt schriftlich. HBC hat nach eigenen Angaben seine Daten bereits überliefert und ist zuversichtlich, die Auflagen ohne Grund für irgendeine Beanstandung zu erfüllen. "HBC und ihre Tochtergesellschaft HBS Global Properties, denen Kaufhäuser von Galeria Kaufhof gehören, erfüllen vollumfänglich alle ihre geschlossenen Mietvereinbarungen", sagt ein HBC-Sprecher. Ob das Konsortium unter der Führung der LBBW, das den Ankauf der Kaufhof-Immobilien vor knapp zwei Jahren mit 1,34 Milliarden Euro finanzierte, ebenfalls rundum zufrieden ist, wird sich am Montag oder Dienstag zeigen. Es könnten aber Zweifel aufkommen.

Denn eines der wichtigsten Kriterien bei der Beurteilung durch die Banken ist die Geschäftsentwicklung des Mieters Galeria Kaufhof. HBC hatte den Banken Gewinne versprochen, tatsächlich ist der Kölner Warenhauskonzern inzwischen tief in die roten Zahlen gerutscht. Nach dem Verlustjahr 2016 verdoppelten sich allein in den ersten fünf Monaten des laufenden Geschäftsjahres die Verluste vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf 47 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Auch der operative Gewinn, das sogenannte Ebitda, ist dem Vernehmen nach negativ. Und der Umsatz schrumpfte in diesem Zeitraum um vier Prozent auf nun 1,06 Milliarden Euro.

HBC wird nach der Einschätzung von Experten daher wichtige Kriterien des Tests aller Voraussicht nach nicht erfüllen können. Unter anderem geht es auch um das Verhältnis einzelner Ladenmieten für Kaufhof-Immobilien zum operativen Geschäft an dem jeweiligen Standort. Aufgrund der steigenden Verluste, aber auch der gestiegenen Mieten ist diese Kennzahl stark gefährdet.

HBC dürfte eine Teilrückzahlung schwerfallen

Nach Auskünften von Experten können nichterfüllte Auflagen zwar ausgeglichen werden, indem der Kreditnehmer beispielsweise einen Teil des Kredits zurückzahlt. Doch HBC dürfte eine Teilrückzahlung schwerfallen. Das kanadische Einzelhandelsunternehmen, das weltweit insgesamt 480 Geschäfte mit 66 000 Mitarbeitern betreibt, steckt selbst in finanziellen Schwierigkeiten. Die Schulden sind hoch, der Aktienkurs ist stark gefallen, und auch die Kaufhäuser in Nordamerika stecken in der Krise.

HBC gibt an, über eine globale Kreditlinie von 2,25 Milliarden US-Dollar zu verfügen. Davon soll Ende April aber schon knapp die Hälfte ausgeschöpft worden sein. Zudem galt die jüngste Kürzung der Kreditline von Euler Hermes nicht nur für Kaufhof, sondern auch für HBC global. Zudem dürfen von der Gesamtsumme nur etwa 300 Millionen Euro in Deutschland von Kaufhof genutzt werden, die ebenfalls bereits zur Hälfte aufgebraucht sein soll.

Das Problem für Kaufhof und HBC ist: Wenn die Auflagen nicht erfüllt werden, kann das im Extremfall zur Kündigung des Kreditvertrages durch die Banken führen. Die LBBW kommentiert die Angelegenheit nicht, so ist das vertraglich auch vorgesehen. Aber klar ist: Die Banken werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, das Risiko zu minimieren.

Ein Problem für Kaufhof könnten die Mieterhöhungen sein, welche die Nordamerikaner bei der Übernahme durchdrückten. Kaufhof, die Mieterin der Immobilien ist, hatte im Jahr 2015 noch lang laufende Mietverträge für all jene Kaufhof-Objekte, die HBC von Metro erworben hatte. Damit der Wert der Immobilien sofort deutlich gegenüber dem Kaufpreis stieg, den HBC an Metro bezahlt hat, wurden die damaligen Kaufhof-Geschäftsführer von HBC unmittelbar beim Abschluss der Transaktion angewiesen, die alten, noch lange laufenden Mietverträge aufzuheben und durch neue zu ersetzen. Diese fallen für Kaufhof sehr viel schlechter aus, für den neuen Vermieter HBC hingegen extrem günstig. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll die Mieterhöhung HBC einen jährlichen Mehrerlös von etwa 40 Millionen Euro bescheren.

Die Mieten für die Immobilien in den Innenstädten steigen

Die Erhöhung ergibt sich wie folgt: Zunächst soll die Gesamtmiete von damals 124,8 Millionen Euro auf 144,4 Millionen Euro, also um 19,6 Millionen Euro jährlich erhöht worden sein. Für einzelne Objekte sank sie auch. Hinzu kommen Aufwendungen in Höhe von 5,7 Millionen Euro für Erbbaurechtszinsen und Ähnliches, was sonst üblicherweise der Eigentümer zahlt. Außerdem führte HBC eine Indexierung ein, also eine Art Staffelmiete. Sie bewirkt, dass die Miete zwischen zwei und drei Prozent jährlich steigt, jeweils von einem höheren Niveau aus. Außerdem muss Kaufhof selbst seither alle Kosten für die Instandhaltung der Gebäude inklusive Dach und Fassade tragen, was in vielen Fällen der Vermieter zahlt. Jährliche Mehrkosten: zehn bis elf Millionen Euro. Insgesamt sind das etwa 40 Millionen mehr Miete als noch zu Metro-Zeiten. Da der Mietvertrag über 20 Jahre läuft, summiert sich die Zusatzbelastung auf 800 Millionen Euro.

Diese Zahlen und Details könnten aus rechtlicher Sicht noch große Relevanz bekommen. Denn Kaufhof hat für diese Mieterhöhungen offenbar keine adäquate Gegenleistung bekommen, die einem außenstehenden Dritten einleuchten würde. "HBC ist wesentlicher Eigner der Immobilien, die Nettomieten werden in das Geschäft reinvestiert", sagt dazu ein Sprecher von HBC.

Natürlich beschäftigt die Kürzung der Kreditlinien durch Euler Hermes auch das deutsche Bankenkonsortium. Die Banken müssen befürchten, zu hohe Kredite gewährt zu haben. HBC hatte die Mieten erhöht, so künstlich den Wert der Immobilien gesteigert und damit höhere Kredite bekommen. Das Schicksal von Kaufhof wird sich vielleicht in den nächsten Tagen entscheiden. Für die Banken aber könnte sich schon heute die Frage stellen, wie sie möglichst unbeschädigt aus einem beginnenden Abwärtsstrudel herauskommen, in den Kaufhof geraten könnte.

Zuletzt sind einige Handelsunternehmen in Deutschland in Schwierigkeiten gekommen. Die Drogeriekette Schlecker etwa musste in Insolvenz gehen, auch der ehemalige Karstadt-Mutterkonzern Arcandor ging 2009 in die Knie, Karstadt mit heute noch 79 Standorten aber wurde gerettet. Oft waren für die schwierige Lage auch hausgemachte Probleme verantwortlich. Karstadt gehört übrigens seit 2014 zur Signa Holding mit Sitz in Wien, einem Unternehmen des Tirolers René Benko - er ist Immobilienhändler.

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