Kodak stoppt Oscar-Sponsoring:Bye, bye, Hollywood

Der große Verlierer der Oscar-Verleihung steht schon fest: Kodak. Der legendäre Foto-Konzern ist insolvent und kündigt das Sponsoring der glamourösen Film-Veranstaltung - so soll der Neuanfang gelingen.

Moritz Koch, New York

Am 26. Februar ist es so weit, dann heißt es wieder: Showtime in Hollywood. In Smokings und Abendkleidern werden die Filmstars über den roten Teppich schreiten. Brad Pitt und Angelina Jolie, George Clooney und Meryl Streep. Wie immer werden die besten Schauspieler und Regisseure, die besten Filmkomponisten und Maskenbildner des Jahres gekürt. Es wird strahlende Sieger geben und Enttäuschte. Doch der große Verlierer steht dieses Mal schon vorher fest. Es ist der Fotokonzern Kodak.

Penelope Cruz Marion Cotillard Oscar Hollywood Kodak Theatre

Die Schauspielerinnen Penelope Cruz und Marion Cotillard bei der 81. Oscar-Verleihung 2009 auf dem roten Teppich. Der führte bisher ins Kodak Theatre. Doch der insolvente Filmkonzern kann sich das Namenssponsoring für die Halle nicht mehr leisten.

(Foto: REUTERS)

Seit ihrer Eröffnung vor elf Jahren trägt die Festhalle, in der die Oscar-Nacht zelebriert wird, den Namen des Unternehmens. Doch das Kodak-Theater ist für das Unternehmen eine Last geworden, der Konzern kann sich das Namenssponsoring nicht mehr leisten. Er ist pleite. Vor dem Insolvenzgericht in New York beantragten die Kodak-Anwälte daher, den Vertrag mit dem Halleneigentümer, der CIM Group of Los Angeles, zu kündigen. Das ist ein tiefer Einschnitt für Kodak und für Hollywood. Denn die Verbindung ging weit über das Sponsoring hinaus. Sieben Jahrzehnte lang nutzten Regisseure Kodak-Filmrollen. Mehrfach wurde das Unternehmen für seine Qualitätsprodukte prämiert, natürlich mit dem Oscar. 1961 erhielt Kodak-Gründer George Eastman posthum einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame.

Mit dem Rückzug aus Hollywood setzt sich der tragische Niedergang des einstigen Weltkonzerns fort. 130 000 Angestellte hatte Kodak in seinen besten Tagen weltweit, 17 000 sind noch übrig, und sie alle müssen um ihre Jobs bangen. Wie konnte es soweit kommen? Oft heißt es, der Konzern sei vom Siegeszug der Digitalkamera überrollt worden. Doch so einfach ist die Sache nicht. Die Unternehmensführung wusste genau, was um sie herum geschah.

Man kann Lawrence Matteson als Kassandra von Kodak bezeichnen. Schon 1979 warnte der damalige Produktentwickler, dass Digitalkameras Kodaks fast vollständig auf den Verkauf von Filmdosen ausgerichtetes Geschäftsmodell zerstören würden. Matteson, der später bis ins Spitzenmanagement des Unternehmens einzog und heute an der Universität der Kodak-Stadt Rochester Betriebswirtschaft lehrt, beschreibt den technischen Fortschritt "als Güterzug, der langsam, aber unaufhaltsam auf den Konzern zurollte".

Die erste Digitalkamera stammte aus Kodaks Forschungslabors. Sie war teuer, unhandlich und schoss miese Bilder. Doch Matteson erkannte sofort das Potential der neuen Technologie. "Der Prozess war absehbar", erinnert er sich im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Matteson erstellte eine interne Studie, in der er darauf hinwies, dass die neue Technik die klassischen Fotoapparate verdrängen würde. Doch der Konzernführung hat sie nicht viel genutzt.

Kodak hofft auf Neuanfang im Gläubigerschutz.

"Entscheidungen, die heute absurd erscheinen, waren aus damaliger Sicht vernünftig", sagt Matteson. Mit Fotofilm verbuchte Kodak auf jeden eingesetzten Dollar 70 Cent Gewinn. Mit Digitaltechnologie waren vielleicht fünf Cent zu holen. "Es ist doch klar, dass sich das Unternehmen seine hohen Profitmargen nicht selbst abgraben wollte." Zumal der Konzern als Beinahe-Monopolist mit einer schnellen Umstellung das Ende des Fotofilms beschleunigt hätte.

Zur Pleite kam es Matteson zufolge nicht, weil das Unternehmen den Kopf in den Sand gesteckt hätte. Was fehlte, war ein schlüssiges Konzept. Der Wirtschaftsprofessor nennt ein Beispiel: "In den frühen 80er-Jahren entdeckte Kodak neuartige Anwendungen für sein chemisches Know-how. Bald brachte das Unternehmen ein Gerät zur Blutanalyse auf den Markt, das herkömmlichen Geräten weit überlegen war. Doch nach einer Weile entschied die Konzernführung, den neuen Geschäftsbereich abzustoßen. Kodak sollte sich wieder voll seinem Kerngeschäft widmen, der Fotografie. Dieses Muster wiederholte sich. Das Unternehmen machte eine Entdeckung, schlug einen neuen Kurs ein, aber verfolgte ihn nicht entschlossen genug."

Der Fotokonzern hofft nun auf einen Neuanfang im Gläubigerschutz. Bis Mitte des Monats muss das Unternehmen dem Konkursgericht einen Sanierungsplan vorlegen. Fest steht, dass das Geld durch den Verkauf von Patenten eingenommen werden soll. Matteson: "Eines ist klar: Selbst wenn im Insolvenzverfahren alles gutgeht, wird Kodak erheblich schrumpfen müssen. Es ist richtig, Patente zu verkaufen, die nicht zur neuen Strategie passen."

Auch die Entscheidung, trotz der Pleite an Konzernchef Antonio Perez festzuhalten, findet Matteson richtig. "Wenn Sprunghaftigkeit das Hauptproblem von Kodak war, glaube ich kaum, dass ein erneuter Führungswechsel irgendetwas bringt." Allerdings ist Perez' Kurs sehr umstritten, insbesondere an der Wall Street. Er will Kodak in einen Druckerhersteller verwandeln. Ein ziemlich waghalsiges Manöver in Zeiten von Tablets und E-Books, sagen Kritiker. Sie bezweifeln, dass das Geld, das Kodak in Hollywood spart, bei Perez in guten Händen ist.

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