Gesundheitsversorgung:Pleitewelle bei Kliniken befürchtet

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Die Kliniken in Deutschland geraten jedoch nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft zunehmend in finanzielle und personelle Not. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Im kommenden Jahr könnte es deutschlandweit zu zahlreichen Insolvenzen kommen, warnt die Krankenhausgesellschaft. Besonders die personelle Situation sei besorgniserregend.

Deutschlands Kliniken könnten nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) im kommenden Jahr von einer Pleitewelle erfasst werden. "Auf unsere Kliniken rollt 2023 eine Insolvenzwelle zu, die sich kaum mehr stoppen lässt", sagte Verbandschef Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland laut Vorabbericht. Der Schaden für die medizinische Versorgung werde 2023 in vielen Regionen sichtbar werden.

Gaß verwies dabei auf das aktuelle Krankenhaus-Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), einer jährlich durchgeführten Repräsentativbefragung der Allgemeinkrankenhäuser in Deutschland. Demnach rechnen 59 Prozent der Kliniken im abgelaufenen Jahr 2022 mit roten Zahlen. 2021 betrug dieser Anteil noch 43 Prozent. Der Anteil der Krankenhäuser mit einem positiven Jahresergebnis wird sich der Umfrage zufolge mehr als halbieren, und zwar von 44 auf voraussichtlich 20 Prozent. Etwa jedes fünfte Krankenhaus (21 Prozent) geht für 2022 von einem ausgeglichenen Ergebnis aus. Deren Anteil betrug 2021 noch 13 Prozent.

Das strukturelle Defizit der Krankenhäuser werde sich 2023 auf 15 Milliarden Euro summieren, prognostiziert Gerald Gaß, Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft. (Foto: Marcus Brandt/DPA)

Die Erwartungen für das kommende Jahr sehen gleichfalls düster aus: Mehr als die Hälfte der Krankenhäuser (56 Prozent) erwartet für das Jahr 2023 eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, während nur 17 Prozent der Krankenhäuser mit einer Verbesserung rechnen. 27 Prozent der Kliniken gehen davon aus, dass die Lage eher unverändert bleibt.

Nach den Worten von Gaß sind die von der Bundesregierung geplanten Finanzhilfen zum Ausgleich von steigenden Energiepreisen zwar hilfreich, könnten jedoch ein strukturelles Defizit wegen allgemeiner Kostensteigerungen nicht ausgleichen. Im nächsten Jahr werde sich das strukturelle Defizit auf rund 15 Milliarden Euro summieren.

Insbesondere die Personalsituation in der Pflege nennt Gaß besorgniserregend

Als besorgniserregend bezeichnete er auch die Personalsituation in Kliniken, vor allem in der Pflege, so die Umfrage. Zur Jahresmitte hatten demnach fast 90 Prozent Probleme dabei, offene Pflegestellen auf Allgemeinstationen zu besetzen. In der Intensivpflege war das bei drei von vier Kliniken der Fall. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl offener Pflegestellen auf den Allgemeinstationen den Angaben zufolge hochgerechnet von 14 400 auf 20 600. Das sei ein Plus von 43 Prozent. In der Intensivpflege seien hochgerechnet 9 500 Vollkraftstellen unbesetzt geblieben. Gegenüber dem Vorjahr mit 7 900 unbesetzten Intensivpflegestellen entspricht dies laut Bericht einem Anstieg von 20 Prozent.

Die Ergebnisse des Krankenhaus-Barometers 2022 beruhen nach Angaben der DKG auf einer repräsentativen Stichprobe von Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten, die von Mitte April bis Ende Juni 2022 durchgeführt wurde. Beteiligt haben sich 309 Krankenhäuser.

"Corona und die zuletzt gehäuften Atemwegserkrankungen haben gezeigt, dass wir ein starkes Krankenhauswesen und flächendeckende Versorgung benötigen", sagte Gaß. "Weitere überraschende Schließungen können wir uns nicht mehr leisten."

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