Der jährliche Klima-Report des UN-Umweltprogramms Unep bringt selten gute Nachricht. Jedes Jahr vor der Klimakonferenz berechnen die Unep-Experten die Lücke zwischen Soll und Haben im Klimaschutz: Wie viel könnten die Staaten mit ihren Klimaschutzplänen in Summe erreichen? Und wie viel müssten sie erreichen, um die Erderhitzung auf plus zwei Grad oder weniger zu begrenzen? Dazwischen klafft seit eh und je ein fettes Loch.
In diesem Jahr aber sind die Nachrichten besonders schlecht. Nicht nur hängen die Staaten weit hinterher. Der Abstand hat sich im vorigen Jahr sogar vergrößert. Denn die globalen Treibhausgas-Emissionen sind nach vorläufigen Zahlen 2017 wieder gewachsen - nachdem sie zuvor drei Jahre lang stagniert hatten. Mit 53,5 Gigatonnen Treibhausgasen hat die Welt einen neuen Rekord eingestellt.
Viele Fachleute hatten in dem Stillstand bei den Emissionen schon den Beginn der globalen Trendwende gesehen: Der Gipfel schien erreicht, es konnte nur noch bergab gehen mit den Emissionen. Entsprechend groß ist die Ernüchterung. "Der Anstieg 2017 hinterlässt einige Unsicherheit, ob die Verlangsamung von 2014 bis 2016 nicht primär durch kurzfristige wirtschaftliche Effekte getrieben war", heißt es nun in dem Report. Es gebe derzeit keinen Hinweis auf eine Trendwende. Dabei hatte der Weltklimarat IPCC erst kürzlich gemahnt, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, um Schlimmeres zu vermeiden. "Wenn der IPCC-Report globalen Feueralarm gegeben hat, dann ist dieser Report hier die Brandursachenermittlung", sagt Joyce Msuya, stellvertretende Exekutivdirektorin der Unep.
Die Erde würde sich um drei Grad erwärmen, warnt der Bericht
Nach Berechnungen des Umweltprogramms bleiben die Staaten selbst dann, wenn sie alle ihre Klimapläne umsetzen, weit vom Nötigen entfernt. Im Jahr 2030 würden sie immer noch 13 Gigatonnen Treibhausgase zu viel ausstoßen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Nötig wäre eine Verdreifachung des Klimaschutzes. Wollten sie den Anstieg bei 1,5 Grad Celsius stoppen, müssten sie fünfmal mehr tun und 29 Gigatonnen mehr einsparen, als bisher geplante Klimaschutz-Aktionen der Staaten hergeben. Anders gewendet: Bliebe es bei den bisherigen Zusagen, dann dürfte sich die Erde um drei Grad Celsius und mehr erwärmen, warnt der Bericht.
Der Report erscheint nicht von ungefähr gut zehn Tage vor Beginn der UN-Klimakonferenz in Kattowitz. Die Lücke zwischen Soll und Haben wird eines der zentralen Themen der Konferenz. Im so genannten "Talanoa-Dialog", benannt nach einem Gesprächsformat auf den Fidschi-Inseln, sollen die Staaten darlegen, was sie bislang im Klimaschutz erreicht haben und wie sie noch vor 2020 weitere Emissionen mindern wollen. Deutschland wollte dort unter anderem Erfolge der Kohlekommission vorweisen. Seit die sich auf den Februar vertagt hat, ist von Berlin allerdings nicht mehr viel zu erwarten.
"Neben der Emissionslücke klafft vor allem eine große 'Politik-Lücke'", sagt Brigitte Knopf, Generalsekretärin am Mercator-Institut für globale Gemeinschaftsgüter. In Deutschland etwa brauche es eine Finanzreform, um diese Lücke zu schließen. "Neben dem Abbau von fossilen Subventionen muss eine solche Reform einen wirksamen CO₂-Preis beinhalten." Dazu rät auch der Report: Finanzpolitik, so heißt es da, "bietet einen Schlüssel zur Senkung der Emissionen".