Wenige Tage vor einem Treffen der EU-Umweltminister in Brüssel erhöhen Klimaschützer den Druck auf die Bundesregierung. In Briefen an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks (beide SPD) verlangt ein Bündnis nun Konsequenzen aus der Klimakonferenz in Paris. "Der Erfolg von Paris wird an der Umsetzung gemessen", heißt es in den Briefen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Die derzeitigen Klimaziele der EU aber stünden "nicht in Einklang mit den in Paris verabschiedeten Zielen". Die Staatengemeinschaft hatte sich im Dezember vorgenommen, die Erderwärmung auf höchstens zwei, nach Möglichkeit sogar 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Die Umweltminister wollen am Freitag erste Schlüsse daraus ziehen.
Nach Auffassung der zwei Dutzend Unterzeichner, zu denen neben Umweltgruppen wie BUND, WWF, Nabu und Germanwatch auch kirchliche Einrichtungen zählen, müssen die EU-Ziele für 2030 nun gründlich überarbeitet werden. Schon im Herbst 2014 hatten sich die EU-Staaten die neuen Ziele gesetzt. Demnach wollen die Europäer bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 40 Prozent senken. Bis dahin sollen 27 Prozent der europäischen Energie aus erneuerbaren Quellen stammen, während Energie um 27 Prozent effizienter eingesetzt werden soll.
Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse beschleunigt werden
Überall zu wenig, attestieren nun die Gruppen. So müsse die EU ihr Effizienzziel von 27 auf 40 Prozent aufstocken, und das fix. Das bisherige Ziel ist nicht verbindlich, soll aber bis 2020 noch einmal überprüft werden - um es gegebenenfalls anzuheben. Solange wollen die Umweltschützer nicht warten. Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse beschleunigt werden. "Das schwache Ziel von 27 Prozent führt zu einer deutlichen Absenkung der Investitionen in der kommenden Dekade", heißt es in dem Brief. Damit drohe die EU den Anschluss zu verlieren. "Wir bitten Sie, sich für eine deutliche Anhebung einzusetzen." Schon 2013 war EU-weit ein Anteil von 15 Prozent erreicht, neuere Zahlen liegen noch nicht vor.
Nur bei den Emissionen von Treibhausgasen fordern die Unterzeichner keine höheren Zielwerte - stattdessen machen sie Vorschläge, die auf deutlich mehr Klimaschutz hinauslaufen würden. So verlangen sie harte Regeln für Emissions-Minderungen in Verkehr, Landwirtschaft, Haushalten und Gewerbe. Auf keinen Fall dürfe hier angerechnet werden, was die EU etwa durch die Aufforstung von Wäldern an Emissionen einspare, wie es einige EU-Mitglieder fordern. Geschehe dies, sei das eine "indirekte Abschwächung" des Ziels. Auch müsse der Emissionshandel, dem sich Europas Kraftwerke und Fabriken unterwerfen müssen, verschärft werden. Er entfaltet seit Jahren kaum Wirkung, weil ein Überschuss an Zertifikaten deren Preise in den Keller gehen ließ. Um dies zu beheben, müssten überschüssige Zertifikate endgültig gelöscht werden. Die EU dagegen will sie schrittweise in eine Reserve überführen; die Zertifikate wären so nur vorübergehend dem Markt entzogen. Das neue System tritt aber erst 2019 in Kraft.
Schon vorher allerdings, nämlich 2018, muss die EU neue Klimaziele vorlegen, so wollen es die Beschlüsse von Paris. Sie sehen eine Überprüfung von Soll und Haben alle fünf Jahre vor. Rechtzeitig vorher müsse Brüssel deshalb einen neuen Klimaplan für das Jahr 2050 vorlegen. Dieser müsse auch darstellen, wie ein Beitrag der Union zum 1,5-Grad-Ziel aussehen könnte. Das Bundesumweltministerium will im Sommer einen ersten Plan vorlegen - für Deutschland.