Kaum hat sich die Koalition auf die Eckpunkte des Heizungsgesetzes geeinigt, wird nun das deutsche Klimaschutzgesetz abgeschwächt. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das zuständige Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch in die regierungsinterne Abstimmung gegeben. Schon nächste Woche soll er das Kabinett passieren.
Die bisherigen Ziele für einzelne Sektoren, also etwa Verkehr, Industrie, Gebäude oder Energiewirtschaft, sind in dem Entwurf gestrichen, und auch die Sofortprogramme, die sich bisher daran knüpften. Stattdessen soll künftig eine "Jahresemissionsgesamtmenge" die entscheidende Maßzahl sein, von Jahr zu Jahr muss sie schrumpfen. Damit wird vor allem das Verkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) entlastet, das bisher seinen Zielen hoffnungslos hinterherhinkt. Zwar sollen weiterhin die Bereiche mit den größten Verfehlungen auch "insbesondere" zum Klimaschutz beitragen. Konkreter wird der Entwurf aber nicht. Auch will sich die Bundesregierung künftig stärker an Abschätzungen über die künftigen Emissionen orientieren. Einmal jährlich soll dazu das Umweltbundesamt einen Bericht über die voraussichtliche Emissionsentwicklung der nächsten Jahre vorlegen.
Eine erste Projektion legte das Wirtschaftsministerium am Mittwoch schon vor, danach gebe es seit 2021, dem Jahr des Regierungswechsels, "deutliche Fortschritte in der Klimaschutzpolitik". Mit bisher beschlossenen Maßnahmen lasse sich die Lücke beim Klimaschutz zu 70 Prozent schließen. Mit weiteren geplanten Vorhaben komme man sogar auf 80 Prozent. Diese Maßnahmen wiederum finden sich in einem seit Monaten umstrittenen "Klimaschutzprogramm 2023", das nun ebenfalls in die Ressortabstimmung geht. Es listet für alle verschiedenen Bereiche Vorhaben auf, die den Klimaschutz voranbringen sollen, von Klimaschutzverträgen in der Industrie über die Erforschung synthetischer Kraftstoffe bis hin zum Schutz naturnaher Buchenwälder. Ob die einzelnen Vorhaben tatsächlich die erhofften Minderungen bringen, lässt sich allerdings im Einzelnen schwer quantifizieren.
Das Haus von Minister Robert Habeck (Grüne) setzt mit den Entwürfen eine Abmachung des Koalitionsausschusses von Ende März um - jenes nächtlichen Spitzentreffens, das auch den Weg für das Heizungsgesetz frei machte. Damals war auch die Novelle des Klimaschutzgesetzes beschlossen worden, sehr auf Drängen der FDP. "Die klimapolitische Handlungsfähigkeit war in den letzten Wochen und Monaten arg unter die Räder geraten", räumte Habeck am Mittwoch ein. Das sei nun vorbei. Eine "komplette Trendumkehr" sei eingeleitet. "Wir haben das Schiff Deutschland wieder auf Kurs gebracht."
Umweltschützer sehen das kritischer, sie fürchten weniger Verbindlichkeit im Umweltschutz. Mit der Abschaffung der Sektorziele ziehe das "Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit in die deutsche Klimapolitik" ein, sagt etwa Sascha Müller-Kraenner, Chef der Deutschen Umwelthilfe. Das Wirtschaftsministerium weist dies zurück. "Durch die Reform darf nicht eine Tonne mehr CO₂ ausgestoßen werden als mit dem bisherigen Gesetz", heißt es in einem Ministeriumspapier.