Süddeutsche Zeitung

KlimaschutzWirtschaften Frauen nachhaltiger als Männer?

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Beim Plan W-Kongress diskutieren Umweltaktivistin Clara Mayer und Mimi Sewalksi, die Geschäftsführerin eines nachhaltigen Online-Shops, über Klimaschutz als Care-Arbeit und verantwortungsvollen Konsum.

Von Franziska Niess, München

Auf öffentliche Auftritte folgen Vergewaltigungs- und Morddrohungen. "Seit meiner ersten Rede werde ich sexualisiert und gleichzeitig verkindlicht", sagt Clara Mayer, Umweltaktivistin und Sprecherin der Berliner Fridays-for-Future-Gruppe. Die 19-Jährige lasse sich davon nicht einschüchtern, vielmehr fühle sie sich dadurch in ihrer Arbeit bestätigt. Fridays for Future erlebe sie als Bewegung, die Frauen stärkt und ihnen Selbstvertrauen geben könne.

Mayer nutzt ihre öffentliche Präsenz, um immer wieder auf die Folgen des Klimawandels hinzuweisen. Beim Kongress des Frauenwirtschaftsmagazin Plan W der Süddeutschen Zeitung mahnt sie, die Klimaerwärmung neben der Bedrohung der globalen Corona-Pandemie nicht zu vergessen: "Die Corona-Krise ist ein Sprint, die Klimakrise ein Marathon", sagt Mayer. Die Wirtschaft sei Ursache und gleichsam auch mögliche Lösung der Klimakrise. Damit das klappt, dürfe das Wirtschaftswachstum aber nicht weiter an die CO₂-Emissionen gekoppelt sein.

Mayer sieht eine Verbindung zwischen der Ökologie und der ungleichen Verteilung der Arbeitslast zwischen den Geschlechtern. Frauen erledigen häufiger die schlecht bezahlte Care-Arbeit, während Männer oft gut bezahlte leitende Positionen besetzen - und sich dort nicht immer so für das Klima einsetzen, wie sie es sich wünscht. "Auch das Kümmern um die Erde wird häufig als Care-Arbeit angesehen", sagt Mayer. Der Umweltschutz würde zu häufig Frauen überlassen. "Die Lösung der Klimakrise ist aber so vielfältig, dass jeder seinen Platz im Puzzle findet", sagt Mayer.

In der Diskussion mit Magnus Hall, Chef des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall, betont sie den Abstand ihrer Bewegung zu Energieunternehmen: "Sie schlagen aus der Klimakrise Profit, wir wollen sie verhindern". Hall sagte seinerseits, es sei Ziel des Unternehmens, innerhalb einer Generation die Energieproduktion ohne fossile Brennstoffe zu ermöglichen. Die Forderungen der Aktivisten, dass es schneller klappen sollte, findet Hall gut: "Das macht uns Druck." Allerdings müsse bis dahin auch die Versorgung sichergestellt sein.

Wie sehr darf die ökologische Transformation die Preise steigen lassen?

Die Umstellung auf erneuerbare Energien bringe zudem eine grundlegende Änderung mit sich: "Strom wird teurer." In der Tat eine wichtige Frage: Wie sehr darf die ökologische Transformation die Preise steigen lassen? Bei einer natürlich nicht repräsentativen Umfrage unter den rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kongresses gaben rund zwei Drittel an, dass sie zehn Prozent mehr für grüne Produkte zahlen würden. Höhere Preise bekamen kaum noch Stimmen.

Eine Art Vermittlerrolle zwischen Klimaaktivistin und Konzernchef nahm Mimi Sewalski ein. Die 40-Jährige ist Chefin des Avocadostores, einem nachhaltigen Online-Marktplatz. Zwar vertrete sie ähnliche Standpunkte wie Mayer von Fridays for Future, aber sie will auch profitabel wirtschaften. Zu Beginn ihrer Zeit bei Avocadostore fühlte sie sich doppelt angezweifelt und belächelt: "Einmal als relativ junge Frau in der Geschäftswelt und einmal als jemand, der nachhaltig wirtschaften möchte." Sie hat beobachtet, dass viele Frauen nachhaltige Start-ups gründen.

Auch Achim Berg, seit 2017 Präsident des Digitalverbands Bitkom, hat erlebt, dass vor allem für Mitarbeiterinnen Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema ist. "Frauen in meinen Teams fragen viel häufiger: Was bedeutet die Technik, die wir entwickeln, für die Ökologie in unserem Land oder ginge es auch nachhaltiger?", sagt Berg.

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SZ vom 04.09.2020
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