Klimaschutz:Koalition stutzt Habecks Pläne für Neubauten

Klimaschutz: Mehr muss nicht sein: Schärfere Vorschriften für die Dämmung von Neubauten gibt es vorerst nicht.

Mehr muss nicht sein: Schärfere Vorschriften für die Dämmung von Neubauten gibt es vorerst nicht.

(Foto: Michael Gottschalk/imago/photothek)

Es bleibt vorerst bei den alten Standards für die Dämmung von neuen Häusern. Damit setzt sich die FDP in der Ampel-Koalition durch. Energieberater warnen aber schon, dass das nicht reicht.

Von Roland Preuß, Berlin

Die Koalitionsfraktionen wollen die von Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) geplanten energetischen Mindeststandards für neue Häuser absenken. Die Fachpolitiker von SPD, Grünen und FDP einigten sich nach Angaben aus den Fraktionen am Dienstagabend auf entsprechende Änderungen. Demnach soll es bei den bisherigen Vorschriften für die Dämmung bleiben, die strengeren Vorgaben zum Energiesparen sollen stattdessen auch über die Haustechnik erreicht werden können, etwa mit Hilfe von Solarmodulen auf dem Dach.

Es geht dabei um das sogenannte Gebäudeenergiegesetz (GEG), das unter anderem die energetischen Standards für neue Wohngebäude regelt. Das Gesetz soll dazu beitragen, dass Deutschland sein Ziel erreicht, bis 2045 klimaneutral zu sein. Ein wichtiger Faktor dafür sind die Gebäude, die vor allem durch das Heizen für einen großen Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind.

Habeck sieht bisher in seinem Gesetzentwurf vor, hierzu vom kommenden Jahr an eine bessere Dämmung nach dem sogenannten Effizienzhaus-55-Standard vorzuschreiben. Diese Regel soll nun aber auf Betreiben der FDP im parlamentarischen Verfahren gekippt werden, die Ampel-Fraktionen wollen dazu am Donnerstag einen Änderungsantrag in den Bundestag einbringen. Demnach bliebe es bei den bisherigen Vorschriften zur Isolierung aus dem Jahr 2009. Der Gesetzentwurf soll laut Tagesordnung noch am selben Tag verabschiedet werden.

Der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Olaf in der Beek, sagte dagegen der Süddeutschen Zeitung: "Wir wollen damit noch höhere Baupreise vermeiden." Die FDP argumentiert, es müsse den Bauherren überlassen bleiben, wie sie den geforderten Standard erreichten, ob über eine bessere Dämmung, erneuerbare Energiequellen oder andere Instrumente. "Ich glaube, höhere Standards werden sich am Markt durchsetzen", sagte in der Beek. Die Energiekosten würden immer wichtiger beim Bau von Häusern, aber auch, wenn Mieter sich für eine Wohnung entschieden. Die FDP habe sich sehr für diese "Technologieoffenheit" eingesetzt.

Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch verteidigte den Kompromiss. Man habe das Effizienzhaus 55, besser bekannt als KfW-55-Standard, nun gesetzlich festgeschrieben und dabei offengelassen, wie diese Vorschrift jeweils erfüllt wird. "Das halte ich in Zeiten von hohen Baukosten und Wohnungsnot für richtig", sagte Miersch. Die Vorschriften zur Dämmung gelten als ein Grund für steigende Baukosten, hinzu kommen fehlende Fachkräfte, rasant steigende Bodenpreise und seit vergangenem Jahr auch noch Materialmangel.

Experten und Umweltschützer kritisieren Kompromiss

Eine Reihe von Fachverbänden zeigte sich hingegen enttäuscht bis entsetzt von den Gesetzesplänen. "Wenn man die Klimaneutralität bis 2045 erreichen will, dann muss man jetzt EH 55 durchsetzen, und zwar auch bei der Gebäudehülle", sagte Benjamin Weismann, Geschäftsführer des Energieberaterverbands GIH der SZ. Um genügend Energie einzusparen, müsse man an beiden Punkten ansetzen, sowohl bei der Gebäudetechnik, als auch bei der Gebäudehülle. Nun aber gebe es an diese Punkt keinen Fortschritt. "Man stellt dann Gebäude hin, die man viel effizienter und sparsamer betreiben könnte", sagte Weismann. Es sei absehbar, dass man diese Häuser nachrüsten müsse, um 2045 die geforderte Klimaneutralität zu erreichen. "Aber das ist bei Dach und Wand wirtschaftlich nicht sinnvoll."

Klimaschutz: Solarstrom allein reißt es nicht heraus, sagt der Experte - vor allem im Winter, wenn viel geheizt werden muss.

Solarstrom allein reißt es nicht heraus, sagt der Experte - vor allem im Winter, wenn viel geheizt werden muss.

(Foto: Marijan Murat/picture alliance/dpa)

Eine gute Gebäudetechnik wie Solarmodule, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung oder Wärmepumpen machten ein Haus durchaus klimafreundlicher. "Aber wenn durch die Hülle viel Energie verloren geht, dann hilft auch eine gute Wärmepumpe nichts", sagte Weismann. Auch eine Solarstrom-Anlage könne dies nicht komplett ausgleichen, weil sie im Winter, wenn der Heizbedarf besonders groß ist, nicht genügend Energie liefere.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte die Änderungen am Gesetz scharf als "Abschied von der Energieeffizienz". Die Ampel-Regierung vergebe damit leichtfertig die Chance, Verbraucher selbst in neuen Gebäuden vor steigenden Energiekosten zu schützen. DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz erklärte, von der angekündigten Anhebung des Neubau-Standards sei nicht viel Wirksames übriggeblieben: "Das ist ein Sieg für die Wohnungswirtschaft, die seit Jahren massiv gegen verbesserte Anforderungen der Gebäude lobbyiert."

Das Bauministerium ist zufrieden, Habecks Haus schweigt

Habecks Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Kompromiss der Ampel-Fraktionen äußern. Eine Sprecherin des ebenfalls beteiligten Bauministeriums sprach dagegen von einem "guten Gesamtpaket". Aus Sicht des SPD-geführten Hauses wäre allerdings auch eine "moderate Erhöhung" der Anforderung an die Gebäudehülle denkbar gewesen, Bundesbauministerin Klara Geywitz hatte im Kabinett höheren Anforderungen bei der Häuserdämmung zugestimmt. "Aber klar ist auch, immer mehr Dämmung bringt nicht immer mehr Energieeinsparung."

Nun habe man sich auf die "wirtschaftlichste Variante geeinigt", so die Sprecherin. Dies sei angesichts steigender Baupreise ein gutes Signal an die Bauwirtschaft. Geywitz soll das Ziel der Koalition umsetzen, jedes Jahr 400 000 zusätzliche Wohnungen zu schaffen. Das gilt angesichts steigender Baupreise und anziehender Kreditzinsen aber ohnehin als kaum mehr zu schaffen.

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