Man kann sich Rainer Baake als zufriedenen Beamten vorstellen, zumindest wenn man ein paar Monate zurück in die Vergangenheit reist. Die Bundesregierung hatte sich damals, im November 2016, auf den sogenannten Klimaschutzplan geeinigt. Baake, seit knapp vier Jahren Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, war maßgeblich daran beteiligt, wie an so vielen Dingen der deutschen Energiepolitik der vergangenen Jahre.
Das Papier sollte so etwas wie ein Fahrplan sein, mit dem Deutschland die Klimaziele von Paris erreichen kann. Das für die Begrenzung der Erderwärmung so wichtige Abkommen war kurz zuvor von der Staatengemeinschaft ratifiziert worden. In der Klimapolitik, in der es oft so quälend langsam vorangeht, herrschte wieder so etwas wie Optimismus. "Und dann", sagt Baake, "kam Herr Trump".
Für viele war es ein Schock, als der US-Präsident den Rückzug seines Landes aus dem Klimaabkommen bekannt gab. Baake fürchtete gar einen Domino-Effekt, erzählte er am Dienstag auf dem Energiekongress der Süddeutschen Zeitung in München. Er rechnete damit, dass sich weitere Staaten anschließen und das Abkommen, mit dem die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius begrenzt werden soll, aufkündigen. So kam es zwar nicht. Und doch lässt der Rückzug der Amerikaner nach Ansicht Baakes nur einen Schluss zu: Für Länder wie Deutschland steigt der Druck, endlich härtere Maßnahmen im Klimaschutz zu ergreifen.
Die Frage ist nur: Wie könnten diese Maßnahmen aussehen? Der Klimaschutzplan enthält bislang wenig Konkretes, dafür viele Konjunktive.
Staatssekretär Baake stellte nun erstmals detaillierte Maßnahmen vor, mit denen der ehrgeizige Plan eingehalten werden könnte. Das Etappenziel - 55 Prozent weniger Treibhausemissionen bis 2030 - ist aus seiner Sicht noch zu erreichen, allerdings nur mit wesentlich schärferen Maßnahmen. Einen großen Handlungsbedarf sieht er vor allem im Bereich Mobilität. Baake schlägt nicht nur vor, den Anteil der Neuzulassungen von CO₂-neutralen Autos zu erhöhen. Von 2030 an sollten nach Ansicht des Grünen-Mitglieds überhaupt keine Verbrenner mehr zugelassen werden. Baake weiß, dass solche Pläne vielen Menschen und vor allem den Autokonzernen missfallen würden. "Aber was ist die Alternative?", fragt er.
Unklar ist, was aus Baakes Plänen wird. Am 24. September ist Bundestagswahl. Ob Baake seinen Posten behält, ist ungewiss. Es handelt sich bei seinen Vorschlägen auch nicht um eine abgestimmte Regierungsposition. Und doch zeigen sie, vor welch immensen Anstrengungen Deutschland steht, wenn es seine Klimaziele erreichen will.
Um die Emissionen zu senken, müsste Baake zufolge auch bei der Gebäudesanierung nachgesteuert werden. Er schlägt eine Verdoppelung der Sanierungsquote vor, auch durch staatliche Förderung. Außerdem soll von 2021 an für alle Neubauten der Niedrigstenergiestandard gelten. Potenzial gebe es außerdem beim Heizen. Viele Menschen wärmen ihre Wohnung noch mit Öl- oder Nachtspeicheröfen, die besonders viel Energie verbrennen.
Baake hatte allerdings auch eine Botschaft an die anwesenden Energiemanager im Gepäck. Er sieht bei den Kraftwerksparks der Stromkonzerne weiteren Handlungsbedarf. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten bis 2030 Braun- und Steinkohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 25 Gigawatt vom Netz genommen werden, rechnete er vor. Zum Vergleich: ein sehr großes Kohlekraftwerk leistet etwa ein Gigawatt. Die Maßnahmen seien zwar anspruchsvoll, sagte Baake, aber ohne solche Vorgaben sei die Einhaltung der Klimaziele nur eines: "völlig illusorisch".