Süddeutsche Zeitung

Klimapolitik:Tempo, bitte

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Deutschlands Umweltverbände drängen die Bundesregierung zu mehr Klimaschutz. Sie fordern ein schnelleres Handeln statt immer neuer Pläne.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Deutschlands Umweltverbände warnen vor Alibi-Lösungen beim Klimaschutz. "Was bisher vorgestellt wurde, reicht allein nicht aus", sagt Kai Niebert, Chef des Deutschen Naturschutzrings. Der Fokus liege bislang vor allem auf Anreizen und einer "irgend gearteten CO₂-Bepreisung", von der niemand wisse, wann sie komme. "Insgesamt sind wir also zurück beim Pillepalle."

Kanzlerin Angela Merkel selbst soll den Begriff "Pillepalle" bei einer Unions-Fraktionssitzung für die bisherige Klimapolitik verwendet haben, solches wolle sie nicht mehr. Die Bundesregierung arbeitet gerade fieberhaft an den Grundzügen eines Klimaschutzgesetzes, sie sollen binnen fünf Wochen stehen. Am 20. September sollen die zuständigen Minister sie beschließen. Doch zehn führende Umweltverbände - darunter Greenpeace, Nabu, BUND und der WWF - fordern nun ein Sofortprogramm, auch jenseits eines Aufpreises auf den Kohlendioxidausstoß in Verkehr und Gebäuden.

So müssten noch 2020 mehr als drei Gigawatt Braunkohle vom Netz gehen - also zwei Jahre früher, als von der Kohlekommission vorgesehen. Weitere zwei Gigawatt - also rund vier Kraftwerksblöcke - müssten gedrosselt werden. Bis 2030 solle Schluss sein mit dem Kohlestrom. "Der einzige Sektor, der schnell liefern kann, ist der Energiesektor", sagt Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser. Die Kohlekommission hatte dieses Ende frühestens 2035 gesehen. Bis 2030 müsse Deutschland sich zu mindestens 75 Prozent mit Ökostrom versorgen. Die Koalition peilt bisher 65 Prozent an.

Im Verkehr brauche es billigere Tickets für öffentliche Busse und Bahnen und einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bei Autos, in Gebäuden eine Abkehr von fossiler Wärme, allem voran die Ölheizung. Umweltschädliche Subventionen müssten konsequent abgebaut werden. "Ein bisschen Klimaschutz", sagt Luise Neumann-Kosel von Campact, "reicht nicht mehr."

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Quelle:
SZ vom 17.08.2019
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