Klimapläne der Bundesregierung:Milliarden für die Wärmedämmung

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Ein Wärmebild zeigt, wie viel Energie man beim Wohnen noch einsparen kann

(Foto: dpa-tmn)
  • Deutschlands Hausbesitzer können vom kommenden Jahr an auf milliardenschwere Hilfen für die Sanierung ihrer Gebäude hoffen. Das geht aus den Klimaplänen hervor, die das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet hat.
  • Danach sollen in den nächsten fünf Jahren je eine Milliarde Euro in Steuererleichterungen fließen. Wer sein Gebäude saniert, soll bis zu einem Viertel der Kosten von der Steuer absetzen können, verteilt auf zehn Jahre.
  • Die Sanierungs-Offensive soll die deutsche Klimabilanz aufmöbeln. Bis 2020 soll die Bundesrepublik 40 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen als 1990. Erreicht sind aber erst gut 25 Prozent.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Zumindest die zuständigen Minister sind sicher - die 40 Prozent sind in Reichweite. 40 Prozent weniger Kohlendioxid als noch 1990, das ist die Vorgabe auch dieser Koalition für 2020. Was noch fehlt, soll das "Klimaaktionsprogramm" schaffen, das diesen Mittwoch das Kabinett passiert hat. "Stand heute werden wir das Ziel erreichen", sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Nie zuvor habe sich eine Bundesregierung mehr für den Klimaschutz eingesetzt. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, auch SPD, sieht das nicht anders.

Worum geht es eigentlich?

Prognosen zeigen, dass das Klimaziel kaum zu erreichen ist, wenn sich nicht irgendwas tut. 2020 würde Deutschland bei 32, höchstens 35 Prozent weniger Treibhausgas landen. Aber nicht bei 40. In Kohlendioxid ausgedrückt ist die Lücke zwischen 60 und 100 Millionen Tonnen groß.

Wer soll die Lücke stopfen?

Eigentlich alle. Das Klimapaket soll Hausbesitzer und Industrie animieren, noch mehr ins Energiesparen zu investieren. Mehr Güter sollen per Bahn und Binnenschiff transportiert werden, und das Elektroauto soll einen neuen Schub bekommen. Selbst Gutscheine für spritsparendes Fahren erwägt die Koalition. Den größten Einzelbeitrag aber sollen nach Lage der Dinge die fossilen Kraftwerke liefern.

Was bedeutet das für Hausbesitzer?

Sie können sich auf mehr und leichtere Förderung freuen. Wenn die Länder zustimmen, könnte es vom kommenden Jahr an Steueranreize für energiesparende Sanierungen geben. Dann könnten Eigenheimbesitzer einen Teil der Kosten für neue Fenster & Co, je nach Einsparung zwischen zehn und 25 Prozent, auf zehn Jahre hin von der Steuer absetzen. Auch der Einsatz erneuerbarer Wärme - etwa in Form von Holzpellets oder Solarthermie - ließe sich so fördern. Parallel soll das Gebäudesanierungsprogramm der Staatsbank KfW um 200 Millionen Euro aufgestockt werden, auf dann zwei Milliarden Euro. Davon kann die KfW künftig 300 Millionen Euro als Zuschüsse zu Modernisierungen vergeben. Und schließlich sollen Schornsteinfeger künftig alte, ineffiziente Heizungen mit einem "nationalen Effizienzlabel" brandmarken - und so deren Besitzer aufrütteln. Die Botschaft an Immobilienbesitzer sei einfach, sagt Gabriel: "Wir helfen dir, dass du sparen kannst."

Warum die Bundesländer die Pläne noch stoppen könnten

Was trägt die Industrie bei?

Im produzierenden Gewerbe wird immer noch massiv Energie verschwendet. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen bundesweit Betriebe nun "Effizienz-Netzwerke" schmieden, in denen sie voneinander lernen. Eigene Programme sollen zudem dazu beitragen, die Abwärme von Maschinen besser zur nutzen - statt sie durch den Schornstein zu pusten. Und erstmals sollen Unternehmen an Energieeffizienz auch richtig verdienen können: Sie können sich bei Ausschreibungen darum bewerben, möglichst billig eine vorgegebene Menge Energie einzusparen. Wie sie das schaffen, bleibt ihnen selbst überlassen. Wie auch bei Wohngebäuden verzichtet die Bundesregierung bei der Industrie auf Zwang und Pflichten - eine Mischung aus Förderung, Anreizen und Information soll helfen, das Klima zu retten. Der genaue Effekt lässt sich schwer kalkulieren.

Was wird mit den Kohlekraftwerken?

Im Klimapaket macht die Bundesregierung dazu nicht viele Worte. Die wenigen Worte allerdings laufen auf massive Einschnitte hinaus. Schon die alte Bundesregierung war in ihren Prognosen davon ausgegangen, dass Deutschlands Kraftwerke bis 2020 rund 70 Millionen Tonnen weniger Kohlendioxid ausstoßen als sie es derzeit tun. Nun will das Kabinett "weitere 22 Millionen Tonnen unter besonderer Berücksichtigung des Stromsektors und des europäischen Emissionshandels" erbringen. Macht zusammen, je nach Berechnungsweise, um die 80 bis 90 Millionen Tonnen Kohlendioxid weniger. "Gelingt die Umsetzung, dann ist das Aktionsprogramm faktisch der Einstieg in einen schrittweisen Kohleausstieg", lobt Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer. 40 Prozent der deutschen Emissionen stammen derzeit aus Kraftwerken.

Erreicht Deutschland so das Ziel?

Zwischen 62 und 78 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Einsparung soll das Klimapaket bis 2020 zusätzlich bringen. Das könnte reichen. Allerdings hängt der CO₂-Ausstoß auch von allerhand Unwägbarkeiten ab, etwa von den Temperaturen im Winter oder von der Konjunktur. Zuletzt waren die Emissionen eher gestiegen als gesunken. Und dann sind viele der neuen Pläne noch vage und damit schwer zu beziffern. Insbesondere die Einschnitte bei den Kohlekraftwerken dürften für Streit sorgen, die Industrie befürchtet höhere Stromkosten. Auch die Steueranreize sind noch längst nicht beschlossen, weder für die Gebäudesanierung noch für Elektroautos - hier plant die Bundesregierung eine Sonderabschreibung für Elektro-Autos in Firmenflotten.

Was kommt jetzt?

Nächste Woche will Kanzlerin Angela Merkel mit den Länderchefs über den Steueranreiz für Hausbesitzer reden. Es geht um eine Milliarde Euro im Jahr, die durch die Absetzbarkeit an Steuereinnahmen wegfielen - fast zur Hälfte bei den Ländern. In der vorigen Legislaturperiode hatten die Länder einen ähnlichen Vorstoß scheitern lassen. Diesmal aber soll die Sache schnell über die Bühne, schon bis Februar. Bis zum Sommer dann soll der Kohleplan stehen, und bis 2016 der nächste Kabinettsbeschluss: über den Klimaschutz bis 2050.

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