Werkstatt Demokratie: Leserfragen:So geht klimabewusster Alltag

Lesezeit: 7 min

Werkstatt Demokratie: Leserfragen: undefined
(Foto: Hofer/Unsplash)

Glas- oder Plastikflaschen? Gedruckt oder digital lesen? Und welche Kleidung ist gut fürs Klima? Wer nachhaltig leben will, hat Fragen. SZ-Redakteurinnen und -Redakteure antworten.

Von Thomas Hummel, Michael Neißendorfer, Pia Ratzesberger und Vivien Timmler

Im Rahmen der Themenwoche zur Frage "Klimakrise - wie retten wir die Zukunft?" haben Leser und Leserinnen Fragen zu nachhaltigem und klimafreundlichem Leben eingeschickt. Resonanz und Bandbreite waren groß - von Bambusbechern über Zeitungsdruck bis hin zu Elektroautos. Hier sind die Antworten der SZ-Redaktion.

Dieser Artikel gehört zur Werkstatt Demokratie, ein Projekt der SZ und der Nemetschek Stiftung. Alle Beiträge der Themenwoche "Klimakrise" finden Sie hier, alles zum Projekt hier.

Was ist von Plastikalternativen wie Bambus zu halten?

Im Gegensatz zu Erdöl, das für die Herstellung von Plastik benötigt wird, ist Bambus ein nachwachsender Rohstoff - und zwar ein extrem schnell nachwachsender. Das macht ihn gegenüber Tropenhölzern, die erst nach Jahrzehnten erneuert sind, deutlich nachhaltiger. Da Bambus in der Regel jedoch in China angebaut und verarbeitet wird, haben die Produkte eine lange Reise inklusive hohem CO₂-Aufkommen hinter sich, wenn sie im deutschen Drogerieregal landen.

Dazu kommt, dass nicht alle Bambusprodukte wirklich nachhaltig sind: Häufig werden Kunststoffe oder das beim Erhitzen gesundheitsschädliche Melaminharz beigemischt, um die Produkte langlebiger zu machen. Die Stiftung Warentest warnt sogar vor To-Go-Bechern aus Bambus, da viele von ihnen über die Zeit hohe Mengen Schadstoffe freigeben. Mit Werbesätzen wie "biologisch abbaubar" oder "100 Prozent recyclefähig" sollten Verbraucher vorsichtig sein: Sie treffen in der Regel auf Bambusprodukte nicht zu.

Vivien Timmler

Sind Mehrweg-Glasflaschen besser als Plastikflaschen?

Es wäre zu einfach zu sagen, dass Plastikflaschen böse sind und Glasflaschen gut. Denn letztere sind ziemlich schwer, und wenn sie vom Unternehmen bis zum Supermarkt durch die halbe Republik fahren, fällt ihre CO₂-Bilanz tatsächlich schlechter aus als die der leichteren Plastikflaschen. Die entscheidende Grenze liegt laut der Verbraucherzentrale bei 250 Kilometern. Wenn die Flaschen weiter reisen müssen, lohnt sich Plastik. Am besten aber wären noch immer Glasflaschen aus der Region. Oder noch einfacher: Wasser aus der Leitung.

Beim Vergleich mit einem Tetrapak gilt im Übrigen eine ähnliche Regel - auch dann lohnt sich die Mehrweg-Glasflasche nur, wenn sie nicht allzu weit fahren muss. Im Schnitt legt eine Milchflasche allerdings mehr als 700 Kilometer zurück, bis sie beim Kunden ankommt, rechnet das Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg vor. (Das dürfte den Auftraggeber der Studie freuen, den Fachverband "Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel" - in dessen Vorstand sitzt zum Beispiel der Geschäftsführer von Tetrapak.) Kartons sind zwar leichter, haben aber auch einen großen Nachteil: Sie sind lange nicht so gut zu recyceln wie Glas.

Pia Ratzesberger

Bio-Gurke im Plastik oder Nicht-Bio ohne Plastik?

Ob bio oder nicht bio ist in diesem Fall nicht der entscheidende Punkt. Die wichtigste Frage ist vielmehr, woher die Gurke stammt. Kommt sie aus regionalem Anbau, ist eine Plastikfolie überflüssig: Dann braucht die Gurke vom Feld bis zum Supermarktregal nur ein bis zwei Tage und kommt in der Regel ohne große Wasserverluste dort an. Ein Bio-Produkt aus der Region ist hier dem konventionellen vorzuziehen.

Stammt die Gurke jedoch aus Spanien, was in den Wintermonaten die Regel ist, wird die Sache komplizierter: Die Gurken besitzen bei der Ernte noch eine aktive Zellatmung. Auf ihrer Reise in die Supermärkte, die vier bis fünf Tage dauern kann, verlieren sie viel Wasser. Es besteht die Gefahr, dass sie schrumpelig im Supermarkt ankommen oder im schlimmsten Fall verderben. Ein Plastikschlauch schützt die Gurke vor Wasserverlust, macht sie bis zu drei Tage länger haltbar und verhindert somit Lebensmittelverschwendung.

Bislang: Denn mittlerweile haben fast alle Handelsunternehmen und Discounter Anpassungen in ihren Logistik-Prozessen vorgenommen, um zu gewährleisten, dass die Gurken auch ohne Folie frisch bleiben. Zwar läuft die Saison mit spanischen Gurken in Deutschland erst an, aber die Firmen sind optimistisch, diese jetzt ohne große Lebensmittelverluste unverpackt anbieten zu können.

Vivien Timmler

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema