Süddeutsche Zeitung

Klimagipfel:Der Boss als Gärtner

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind Gastgeber der nächsten UN-Klimakonferenz. Jetzt haben sie bekannt gegeben, wer den Vorsitz führen soll: der Chef des staatlichen Erdölkonzerns.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Sultan Ahmed Al Jaber hat Großes vor in diesem Winter. "Dies wird ein entscheidendes Jahr in einem entscheidenden Jahrzehnt für den Klimaschutz sein", sagt er. Und in diesem entscheidenden Jahr wird der Sultan an einer entscheidenden Stelle sitzen: Er wird der Präsident der nächsten Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die Ende des Jahres in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfindet, in Dubai. Scheich Mohammed bin Zayed Al Nahyan, der Präsident der Emirate, hat es am Donnerstag so entschieden.

Die Sache hat nur einen Schönheitsfehler: Der Mann, der die Welt auf Kurs Klimaschutz trimmen soll, ist nicht irgendwer. Er ist ausgerechnet Chef des staatlichen Erdölkonzerns Adnoc, der Abu Dhabi National Oil Company. Erstmals in der Geschichte der internationalen Klimapolitik, so jubelt die staatliche Nachrichtenagentur WAM, werde damit ein Konzernchef zum Präsidenten einer Klimakonferenz, einer "COP". Nebenbei ist Al Jaber auch noch Industrieminister.

Die Präsidentschaft hat entscheidenden Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg eines Klimagipfels. Sie kann den Fortschritt antreiben oder wie im vorigen Jahr in Ägypten schleifen lassen. Sie kann mehr oder weniger ehrgeizige Kompromisstexte vorlegen. Sie kann Vorreiter oder auch Bremser mit wichtigen Gesprächen betrauen. Obendrein wird die COP28, die Al Jaber nun leiten soll, tatsächlich wichtig: Erstmals sollen die Staaten offiziell Bilanz über Soll und Haben im Klimaschutz ziehen. Diese Bilanz steht im Zentrum des Pariser Klimaabkommens. Hängen die Staaten hinterher, müssen sie nachlegen. Und auch der Fonds zum Ausgleich realer Klimaschäden soll Gestalt annehmen. Es gibt viel zu tun.

Die Emirate wollten, so sagt Al Jaber, "einen pragmatischen, realistischen und lösungsorientieren Ansatz verfolgen". Was pragmatisch und realistisch genau heißt, wird sich erst zeigen. Immerhin hat Al Jaber nicht nur Erdöl im Blut. In den vergangenen Jahren hat er sich auch für den Ausbau erneuerbarer Energien in den Emiraten starkgemacht, etwa in der grünen Vorzeigestadt Masdar. Auch die Internationale Agentur für erneuerbare Energien, Irena, hat ihren Sitz in Abu Dhabi. Der Reichtum des Staates allerdings kommt aus dem Öl, unter den Großen der Opec sind sie die Nummer drei. Erst kürzlich hat Adnoc angekündigt, die Förderung bis 2027 anzuheben.

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