Klima:Weltweiter Energiehunger wächst bis 2035 um 30 Prozent

US-Wirtschaftswachstum

Der unstillbare Hunger der USA nach Energie: Gut zu sehen am New Yorker Times Square (Archivbild)

(Foto: dpa)
  • Die weltweite Nachfrage nach Energie steigt weiter an. Und die Erneuerbaren bleiben auch mittelfristig hinter Öl und Kohle zurück, heißt es in einer aktuellen Studie.
  • Im Jahr 2035 wird demnach 75 Prozent der weltweit verbrauchten Energie weiterhin aus fossilen Rohstoffen kommen.
  • Von US-Präsident Trump ist in der Studie nicht die Rede. Dabei könnte das, was er in der Energiepolitik plant, so manche Prognose schnell über den Haufen werfen.

Von Jan Schmidbauer

Der wachsende Wohlstand in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern lässt die weltweite Nachfrage nach Energie weiter steigen. Das ist das Ergebnis des "Energy Outlook", den der Energiekonzern BP an diesem Mittwoch in London vorgestellt hat. Die Studie gehört zu den meistbeachteten Energieprognosen weltweit und zeigt, mit welchen Entwicklungen bei der Energienachfrage mittelfristig zu rechnen ist.

Der weltweite Energieverbrauch nimmt zwar nicht mehr in so rasantem Tempo zu, wie einst. Doch er wächst weiterhin. Insbesondere, weil Länder mit steigendem Wohlstand nun auch mehr Energie verlangen. "Die weltweite Energie-Landschaft verändert sich", sagt BP-Chef Bob Dudley. Bis zum Jahr 2035 soll die weltweite Nachfrage deshalb um weitere 30 Prozent steigen, rechnet sein Unternehmen vor.

Die Zahl würde wohl noch höher ausfallen, wenn die Energieversorgung nicht immer effizienter würde. Der technische Fortschritt und der Zubau von Erneuerbaren kompensieren den wachsenden Energiehunger bereits. In den nächsten zwanzig Jahren werde etwa die Hälfte des zusätzlichen Energieverbrauchs von Erneuerbaren abgedeckt, heißt es in der Studie. Ihr Anteil an der weltweiten Energieerzeugung werde sich bis dahin vervierfachen.

Schon jetzt sind die Erneuerbaren die am schnellsten wachsende Erzeugungsart. Solarzellen, Windräder oder Biogasanlagen gelten als die Energiequelle der Zukunft. Auch energiehungrige Nationen wie China investieren inzwischen Milliarden in alternative Energien. Es werden allerdings noch viele Jahre vergehen, bis sie Öl, Gas und Kohle überholen. Bis zum Jahr 2035 soll der Anteil von fossilen Energien zwar sinken. 75 Prozent der weltweit verbrauchten Energie werde der Studie allerdings weiter aus endlichen Rohstoffen kommen.

Für BP wären das keine schlechten Nachrichten. Das Unternehmen wirbt zwar offensiv mit der Farbe Grün und investiert in erneuerbare Energien. Sein Hauptgeschäft macht der Konzern allerdings mit der Erkundung und dem Verkauf von Öl und Erdgas. Ein wachsender Energiebedarf beschert BP einen größeren Absatz seiner Produkte.

Zuletzt waren BP und andere große Energiekonzerne allerdings unter Druck. Der Ölpreisverfall, der im Jahr 2014 seinen Anfang nahm, ließ ihre Gewinne einbrechen. Nachdem das Opec-Kartell sich kürzlich auf eine Drosselung der Fördermenge verständigt hatte, zogen die Preise wieder an. Doch noch immer sind sie weit entfernt vom alten Niveau. 2014 kostete ein Barrel der Sorte Brent zeitweise mehr als 100 Dollar, was zu hohen Benzinpreisen an der Tankstelle führte. Heute dümpelt der Ölpreis noch immer bei etwa 55 Dollar.

Was plant Trump?

Ein Grund für die niedrigen Preise: Die Nachfrage nach dem Rohstoff wächst langsamer als angenommen. BP geht davon aus, dass sie zukünftig um etwa 0,7 Prozent pro Jahr steigt. Deutlich schneller entwickle sich dagegen die Nachfrage nach Erdgas. Hier rechnet der Konzern mit einem Mehrbedarf von 1,6 Prozent pro Jahr. Bis 2035 werde Erdgas die Kohle als zweitwichtigsten Energieträger hinter dem Erdöl überholen.

Von einer Person ist in der BP-Studie überhaupt keine Rede: Donald Trump. Dabei könnte das, was der US-Präsident plant, so manche Energieprognose schnell wieder über den Haufen werfen. Trump will die Bemühungen seines Vorgängers Barack Obama beim Klimawandel rückgängig machen. Er sieht das Heil in Erdöl, Gas und Kohle, statt in erneuerbaren Energien.

Mit seiner Rückbesinnung auf fossile Energieträger will Trump die heimische Wirtschaft stärken. Und schon in seinen ersten Tagen im Amt zeigt er, dass er es ernst meint mit seinen Ankündigungen. Erst am Dienstag unterzeichnete der Präsident zwei Dekrete, die den Bau hoch umstrittener Ölpipelines wieder voranbringen sollen: Konkret geht es um die Projekte Keystone XL und Dakota Access. Durch die Pipeline Keystone XL soll Öl von Kanada in die USA gepumpt werden. Dakota Access soll ein wichtiges Fördergebiet in North Dakota mit Raffinerien in Illinois und an der Golfküste verbinden.

Auch die US-Beteiligung am Klimaabkommen von Paris ist in Gefahr

Trumps Vorgänger Obama hatte den Bau von Keystone XL wegen Umweltbedenken verhindert. Den Bau von Dakota XL stoppte die US-Armee, der das zu bebauende Land gehört. In dem Gebiet hatte es monatelange Proteste von Sioux-Indianern gegeben. Die Ureinwohner sehen durch den Bau der Pipeline die Trinkwasserqualität in ihrem Reservat Standing Rock gefährdet. Trump scheinen diese Bedenken nicht sonderlich zu interessieren. Er will augenscheinlich Fakten schaffen in der Energiepolitik.

Am Ende könnte sich der Präsident auch das Pariser Klimaabkommen vorknöpfen, das sein Land erst im September vergangenen Jahres ratifiziert hatte. Die USA verpflichtet sich darin, zur Eindämmung der globalen Erwärmung beizutragen. Doch Trump hält nicht viel von dem Vertrag. Im Wahlkampf hatte er angekündigt, ihn "canceln" zu wollen. Für vier Jahre sind die USA zwar in jedem Fall an das Abkommen gebunden, danach könnten sie aber aussteigen. In einem Interview mit der New York Times ruderte Trump bei dem Thema zwar zurück. Doch auch in der Energiepolitik gilt er als unberechenbar. Und seine ersten Amtshandlungen zeigen, dass er einen schnellen Wandel will: zurück zu Öl und Kohle.

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