Klage gegen insolvente Drogeriekette:Erste Schlecker-Mitarbeiterin gewinnt vor Gericht

Nicht jeder wollte seine Kündigung bei der ersten Welle im März akzeptieren: Viele Schlecker-Mitarbeiter klagten gegen ihre Entlassung. Nun hat eine erste Frau den Prozess gewonnen. Ob sie ihren Lohn jetzt rückwirkend bekommt, ist aber offen.

Eine gekündigte Schlecker-Mitarbeiterin hat als erste erfolgreich auf Wiedereinstellung geklagt. Das Arbeitsgericht Heilbronn entschied, dass in ihrem Fall die bei der Kündigung getroffene Sozialauswahl grob fehlerhaft war, wie das Landesarbeitsgericht am Donnerstag in Stuttgart mitteilte. "Die Kündigung ist unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht weiter", sagte ein Gerichtssprecher. Das Urteil sei bereits vor einer Woche gefällt worden.

Staatsanwaltschaft prueft Schlecker-Pleite

Es ist vorbei: Am Mittwoch haben die letzten Schlecker-Filialen geschlossen. Was bleibt ist jede Menge Frust und Tausende Klagen der früheren Mitarbeiter.

(Foto: dapd)

Geklagt hatte eine langjährige Leiterin einer Schlecker-Filiale. Sie war bei der ersten Kündigungswelle der insolventen Drogeriekette am 28. März zusammen mit 10.000 anderen Beschäftigten betriebsbedingt gekündigt worden. Sie wird zwar nie mehr bei für Schlecker arbeiten können, weil die letzten 2800 Filialen am Mittwoch endgültig dicht gemacht haben. Die Frau kann aber davon ausgehen, wie die verbliebenen 13.200 Mitarbeiter ebenfalls erst freigestellt und dann erneut gekündigt zu werden - somit würde ihr die volle Vergütung seit März rückwirkend zustehen.

Es ist allerdings unklar, ob die Klägerin ihr Geld von der Insolvenzverwaltung bekommt. Auch die Arbeitsagentur, die ihr von April an Geld gezahlt hat, könnte sich die Leistungen vom Insolvenzverwalter zurückholen - also aus den Resten des Schlecker-Imperiums. Doch ess steht noch aus, wie viel Geld bei der Abwicklung rausspringt. Es könnte sehr wenig sein und nicht für alle offenen Forderungen reichen.

Alle Urteile müssen einzeln abgewägt werden

Beim Gericht nimmt man an, dass es sich um den ersten entschiedenen Schlecker-Prozess der ersten Kündigungswelle handelt. Bei jeder Klage muss einzeln geprüft werden, ob die Sozialkategorien eingehalten wurden.

Im Allgemeinen sind die die Erfolgsaussichten wohl nicht allzu groß - die Klagenden müssen Schlecker "grobe Fehlerhaftigkeit" nachweisen. Im aktuellen Fall ist das der Klägerin gelungen. Der Beklagte, Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, habe keine vollständige Auskunft über seine subjektiven Erwägungen zur Sozialauswahl gegeben. Zudem habe die Klägerin eine vergleichbare Arbeitnehmerin genannt, die bei Zugrundelegung des von Geiwitz behaupteten Punkteschemas weit weniger Sozialpunkte - dazu zählen etwa Alter und Kinder - aufweise als die Klägerin. Diesem Punkt sei Geiwitz nicht entgegengetreten.

Erste Schlecker-Mitarbeiter arbeiten wieder

Seit der Pleite haben mehr als 2500 frühere Beschäftigte der Drogeriekette wieder einen Arbeitsplatz gefunden. Von den schon vor drei Monaten entlassenen 11.500 Angestellten hätten 2550 überwiegend weibliche Beschäftigte inzwischen wieder einen Job, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Knapp 1000 weitere Beschäftigte seien in Mutterschutz oder in Rente gegangen.

Nach Angaben von BA-Vorstand Raimund Becker werden zudem rund 3500 ehemalige Schlecker-Beschäftigte in arbeitsmarktpolitischen Programmen wie einem Bewerbungstraining geschult. "Noch nicht von den aktuellen Arbeitsmarktdaten erfasst ist die zweite Welle", sagte Becker. "Das sind noch mal 13.000 bis 14.000, die sich in der Statistik im nächsten Monat niederschlagen." Nicht alle Ex-Schlecker-Beschäftigte hätten eine Chance auf Weiterbeschäftigung im Handel. Die Umschulung zum Altenpfleger oder Erzieher könne ein realistisches Berufsziel sein, sagte der BA-Vorstand. Wer allerdings eine qualifizierte Ausbildung vorzuweisen habe, könne auch wieder im Handel unterkommen, wo Berufserfahrung gefragt sei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: