Kirch Gruppe:Schröder zieht nationale Lösung vor

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Der Bundeskanzler hat davor gewarnt, durch die Integration ausländischer Investoren deutsche Arbeitsplätze zu gefährden.

Gerhard Schröder (SPD) favorisiert offenkundig eine deutsche Lösung bei der Neuordnung der hochverschuldeten Kirch-Gruppe. Wenn es dazu komme, sei dies "um so besser", sagte er am Mittwoch auf seiner Lateinamerikareise vor Journalisten. Man müsse aufpassen, dass keine Lösung blockiert werde, die Arbeitsplätze in Deutschland halte.

Nach Angaben des Kanzlers dürfen aber ausländische Kapitalgeber von einem Engagement in Deutschland nicht abgehalten werden. Grundsätzlich seien auch australische und amerikanische Investoren in der Branche in Deutschland gerne gesehen. Der australische Medienunternehmer Rupert Murdoch hat Interesse signalisiert, sein Engagement bei Kirch zu verstärken.

Konspiratives Treffen in Hannover

Schröder betonte, er selbst sei bei den Verhandlungen zur Rettung der Kirch-Gruppe "kein Akteur". Die Lösung müsse allein von den Investoren kommen. Wenn er aber um Rat gefragt werde, spreche er "mit Jedem". Weder "bestätigen noch dementieren" wollte der Kanzler Informationen, wonach er sich kürzlich mit führenden Medien- und Bankvertretern in Hannover getroffen habe, um über die Zukunft der Kirch-Gruppe zu sprechen.

Laut Medienberichten wurde dabei über eine Lösung geredet, Murdoch vom deutschen Markt fern zu halten. An dem Treffen sollen neben Schröder Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff, der Geschäftsführer der Essener WAZ-Gruppe, Erich Schumann, und der Deutsche Bank-Vorstandschef Rolf Breuer teilgenommen haben. Die WAZ hat Interesse an der Übernahme von Anteilen am Springer-Verlag.

Dresdner Bank schaltet sich ein

Die hoch verschuldete Mediengruppe Kirch hatte nach Angaben aus unternehmensnahen Kreisen für ihren zum Verkauf stehenden Anteil am Axel Springer Verlag bereits Angebote von mehreren Interessenten erhalten.

Neben der Hypovereinsbank erwägt unter anderem die Dresdner Bank eine Gegenofferte für den 40-prozentigen Anteil am Springer-Verlag. Die Vereinsbank will Finanzkreisen zufolge gut eine Milliarde Euro für das Springer-Paket zahlen.

Gerüchte, nach denen die Deutsche Bank an einem Kauf des Springer-Pakets interessiert wäre, wies das Geldinstitut vehement zurück. "Das ist absoluter Unsinn, wir planen kein Angebot", zitierte die FTD einen Sprecher.

Splittung des Kirch-Paketes denkbar

Der Axel Springer Verlag stehe dem Einstieg eines Finanzinvestors positiv gegenüber, hieß es in Hamburger Branchenkreisen. Springer könne sich durchaus auch damit anfreunden, wenn das 40-prozentige Kirch-Paket aufgesplittet werde und an mehrere Banken gehe.

Im Gegensatz dazu stoße ein Engagement eines Verlagshauses wie der interessierten WAZ-Gruppe wegen ihres vermutlich strategischen Interesses nicht auf Gegenliebe bei Springer, wurde in den Kreisen bekräftigt.

Die Kirch-Gruppe werde sich noch in dieser Woche für eines der Angebote entscheiden. Ein Kirch-Sprecher lehnte einen Kommentar dazu ab. Er sagte nur, der Konzern werde die am Freitag fällige Rate für die TV-Übertragungsrechte an die Fußball-Bundesligavereine pünktlich überweisen.

Zustimmung auch bei Weiterverkauf

HypoVereinsbank-Chef Albrecht Schmidt habe Kirch als langjährigem Kunden mit dem Kaufangebot in einer schwierigen Lage helfen wollen, hieß es in den Finanzkreisen. Gleichzeitig könne das Münchener Kreditinstitut an dieser Transaktion verdienen.

"Die HypoVereinsbank will den Springer-Anteil natürlich Gewinn bringend verkaufen. Das ist Grundsatz jedes Bankgeschäfts", hieß es. Dabei sei die Bank aber nicht unter Zeitdruck. "Das muss nicht in den nächsten sechs Wochen passieren". Die Bank habe nicht als Teil der Rettungsaktion auf Forderungen verzichtet, hieß es weiter. Die HypoVereinsbank hat dem Kirch-Konzern nach eigenen Angaben weniger als 500 Millionen Euro geliehen.

Das Verlagshaus muss einem Verkauf des Anteils eigentlich zustimmen, auch wenn Finanzinvestoren als mögliche Käufer das Paket weiter verkaufen wollen. Die Kirch-Gruppe hat ihren Springer-Anteil in der PrintBeteiligungs GmbH gebündelt. Ob Springer auch einem Verkauf dieser Holding-Gesellschaft zustimmen muss, müsse noch geprüft werden, hieß es in Münchener Branchenkreisen.

Medienrechtler für internationale Reorganisation

Der Vorsitzende der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Prof. Ernst-Joachim Mestmäcker, sprach sich gegen eine "nationale Lösung" zur Rettung der Kirch-Gruppe aus. "Eine Einigung der deutschen elektronischen Medien ist kein Konzept", sagte Mestmäcker der Zeitung Die Woche (Donnerstag-Ausgabe). Die Öffnung des Marktes für ausländische Investoren bedeute dagegen Wettbewerb, was dem Verbraucher ähnliche Vorteile bringe wie in der Telekommunikations-Branche.

Die Situation auf dem deutschen Fernsehmarkt könne durch eine "internationale Reorganisation der Kirch-Gruppe verbessert werden", da es hier zu Lande mit Bertelsmann und Kirch nur zwei private TV-Gruppen gebe, "die gemeinsam in der Nähe vorherrschender Meinungsmacht sind", sagte Mestmäcker.

Bedenken wegen Mitspracherecht der Banken

Der KEK-Vorsitzende wandte sich auch gegen einen Verkauf von Kirchs 40-Prozent-Anteil am Axel Springer Verlag an Banken. "Die Vorstellung, dass nun Banken wesentliche medienpolitische Entscheidungen treffen, entspricht nicht gerade den Grundsätzen einer marktwirtschaftlichen Ordnung."

(sueddeutsche.de/rtr/AP/dpa)

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