Nur noch wenige Wochen und Monate, dann haben Hunderttausende Schüler und Studierende ihre Abschlussprüfungen geschafft. Die einen wollen erst einmal chillen, die Welt bereisen. Für andere steht der nahtlose Übergang in Ausbildung und Studium schon fest. Nur: Wie lange gibt es dann eigentlich noch Kindergeld? Familienkassen und Eltern liegen immer wieder im Clinch, wenn es um die Zahlung für bereits erwachsenen Nachwuchs geht. Knifflig ist vor allem die Frage, wann das Berufsziel erreicht ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) in München hat jetzt in einem neuen Urteil klargestellt: Die Familienkasse muss das Kindergeld nicht mehr zahlen, wenn der Sohn oder die Tochter bereits Vollzeit arbeitet und nebenher noch ein Masterstudium draufsetzt (III R 26/18). Fleiß hin oder her. Zugleich gilt: Ein erster Berufsabschluss muss gar nicht das Ende einer Erstausbildung sein. Kennen sich Eltern nicht aus, büßen sie viel Geld ein.
Worauf können Eltern zählen?
Sobald ein Kind 18 Jahre alt wird, endet die Kindergeldzahlung noch im selben Monat. Auf Neuantrag kann es aber weitergehen. Weil der Nachwuchs beispielsweise nach wie vor in der Schule ist, eine Lehre macht oder ein Studium absolviert. Der Staat hilft dann weiter mit bis zum Abschluss der Ausbildung. Der Anspruch entfällt nicht einmal dann, wenn das volljährige Kind in dieser Zeit heiratet, so der BFH (III R 22/13). Endgültig Schluss ist erst am 25. Geburtstag. Aber: Wer in die Verlängerung gehen will für sein volljähriges Kind, muss den Antrag rechtzeitig stellen. Ist die Familie zu spät dran, verliert sie womöglich Geld. Seit 2018 wird Kindergeld nur noch maximal sechs Monate rückwirkend gewährt. Für behinderte junge Erwachsene, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, zählt die Altersgrenze von 25 Jahren nicht.
Was hat es mit der Erstausbildung auf sich?
Wenn die Erstausbildung zu Ende ist, stoppt der Staat die Förderung. Nur: Wann ist das der Fall? "Als Faustregel gilt: Der Kindergeldanspruch besteht so lange, bis das Berufsziel erreicht ist und der junge Erwachsene damit arbeiten gehen kann", erklärt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler in Berlin. Macht der Nachwuchs mehrere Ausbildungsschritte, sollten Eltern nicht zu früh aufgeben und mit der Familienkasse reden. Es kann sich lohnen. Denn: Seit geraumer Zeit zählt ein Masterstudium, das an einen Bachelorabschluss anschließt, noch zur Erstausbildung (BFH, VI R 9/15). Selbst Praktika, ein Volontariat, Studienwechsel oder -unterbrechung können durchgehen. Laut BFH muss selbst ein erster Berufsabschluss nicht zwangsläufig das Ende einer Erstausbildung sein (V R 27/14).
Was, wenn die Kinder schon verdienen?
Arbeitet ein erwachsenes Kind in der Erstausbildung noch nebenbei, bleibt das Kindergeld davon unberührt. Das gilt auch fürs duale Studium. Auch hier fließt Kindergeld - egal, wie viel der Studierende arbeitet, urteilte der BFH (III R 52/13). Anders sieht es in der Zweitausbildung aus. Dann sind im Jahresdurchschnitt höchstens 20 Stunden Jobben pro Woche erlaubt. Sonst ist der Anspruch weg. In seinem neuesten Urteil stellte der BFH jetzt klar, dass ein Masterstudium neben einer Vollzeitstelle nicht gefördert wird. Eine junge Frau hatte nach ihrem dualen Studium einen Job angetreten und wollte parallel dazu noch ihren Master machen, mit Vorlesungen am Abend sowie samstags. Weil ihr Beruf im Vordergrund steht, werteten die höchsten Finanzrichter den neuen Schritt lediglich als berufsbegleitende Weiterbildung (III R 26/18).
Zählt der Zeugnistermin?
Worauf Eltern achten sollten: Sie erhalten so lange die Förderung, bis ihr Nachwuchs die Abschlussprüfung bestanden hat. Die Familienkasse muss aber so lange zahlen, bis die gesetzlich festgelegte Ausbildungszeit endet - und nicht nur, bis die Noten raus sind (III R 19/16). Ist das Ende durch eine eigene Rechtsvorschrift festgelegt wie etwa in der Heilerziehungspflegeverordnung, zählt dieser Termin. Die dreijährige Berufsausbildung endet dann nicht etwa mit den Noten im Juli, sondern erst im August. Das bringt betroffenen Eltern einen Monat mehr Geld.
Wie läuft es beim Auslandsstudium?
Studiert der Nachwuchs außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, zum Beispiel in den USA oder in Kanada, sollten die Eltern unbedingt darauf achten, dass er seinen Wohnsitz in Deutschland behält und die Ferien überwiegend daheim verbringt. Dann fließt in der Regel auch das Kindergeld weiter. Die Familienkasse zahlt immer dann, wenn das Kind hierzulande (oder in einem anderen EU-Land) gemeldet ist und in der ausbildungsfreien Zeit überwiegend in der Wohnung der Eltern wohnt. Nachweise wie Lehrpläne, Flugtickets und Reisepässe müssen das belegen (BFH, III R 10/14).
Was gilt für Trödelkinder?
Ist ein Kind im Juni fertig mit Schule oder Abitur, steht den Eltern noch vier Monate weiter Kindergeld zu - als Überbrückung zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, wie Klocke erklärt. Fängt es im Herbst eine Lehre oder ein Studium an, entsteht keine Lücke. Trödelt es aber bei der Berufs- und Studienwahl, ist der Anspruch bereits ab Juli verloren. Die meisten Eltern ahnen das nicht, weil das Kindergeld erst mal weiter aufs Konto fließt. Die Familienkasse wird es garantiert zurückfordern. Eltern müssen auch dann nachzahlen, wenn Sohn oder Tochter monatelang chillen, die Welt bereisen oder in der Ferne als Au-Pair arbeiten. Die Unterstützung ist ebenso weg, wenn ein volljähriges Kind nach der Schule ein Work and Travel Programm nutzt, so der BFH (III B 119/08).
Was ist mit unfreiwilligen Lücken?
Hat sich der Nachwuchs um einen nahtlosen Übergang bemüht, im Wintersemester aber beispielsweise eine Studienplatzabsage bekommen, fließt das Kindergeld erst mal weiter. Gleiches gilt, wenn es ihm nicht zeitnah gelingt, einen Ausbildungsplatz an Land zu ziehen. Aber: Eine lange Lehrstellensuche muss der Familienkasse mit Belegen wie Onlinebewerbungen, Absagen oder der Bestätigung von Vorstellungsterminen durch die Firma nachgewiesen werden.
Was geht problemlos?
Keinen Förderstopp gibt es für Kinder, die den Bundesfreiwilligendienst respektive ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr absolvieren. Gleiches gilt für den freiwilligen Wehrdienst. Kindergeld gibt es auch, wenn 18- bis 21-jährige Kinder arbeitslos gemeldet sind, aber nebenbei arbeiten. Hier ist allerdings Voraussetzung, dass der Job weniger als 15 Stunden pro Woche dauert (BFH, III R 9/14).