Kfz-Versicherung:Die HUK-Coburg verkauft bald auch Autos

Kfz-Versicherung: Unter dem Namen "HUK Autowelt" will der Versicherer künftig Gebrauchtwagen von VW, Opel und Ford verkaufen.

Unter dem Namen "HUK Autowelt" will der Versicherer künftig Gebrauchtwagen von VW, Opel und Ford verkaufen.

(Foto: Müller-Stauffenberg/Imago)

Der größte deutsche Autoversicherer mausert sich zum Autohändler. Woher die Gebrauchtwagen kommen sollen, ist allerdings noch fraglich.

Von Herbert Fromme, Köln

Der Versicherungskonzern HUK-Coburg verkauft demnächst auch Autos. Das Unternehmen bestätigte entsprechende SZ-Informationen. Danach wird der Versicherer bis Ende September das erste Autohaus in Düsseldorf eröffnen. Unter dem Namen "HUK Autowelt" will er dann gängige Gebrauchtwagen verkaufen, vor allem die Massenmarken VW, Opel und Ford. "Wir werden junge Gebrauchte anbieten", sagte ein Sprecher. Unfallwagen oder Fahrzeuge aus Schäden will der Versicherer nicht verkaufen. "Wir legen Wert auf einen geprüften Qualitäts- und Pflegezustand", sagte er. Schon heute verkaufen viele Autohäuser Versicherungen - jetzt dreht ein Versicherer den Spieß um.

Die HUK-Coburg hat dafür gute Gründe. Die Gesellschaft ist zwar mit 10,7 Millionen versicherten Fahrzeugen der größte deutsche Anbieter vor der Allianz mit 8,3 Millionen. Sie ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, weil die Kosten niedriger sind als bei der Konkurrenz und weil es mit dem Direktversicherer HUK24 eine intelligente Online-Strategie gibt.

Die HUK-Coburg plagen zwei Zukunftssorgen

Aber das Coburger Management muss sich Sorgen um die Zukunft machen. Die Autoversicherer insgesamt kommen gerade erheblich unter Druck. Da sind einmal die Hersteller, deren Neuwagen immer vernetzter werden, Unfallschäden automatisch melden und so den Firmen einen Informationsvorsprung geben - den sie für Reparatur- und Notfallleistungen mit eigenen, teuren Werkstätten und Dienstleistern nutzen. Die Versicherer versuchen gerade, selbst Zugang zu den von den Fahrzeugen generierten Daten zu erhalten, aber es ist nicht sicher, ob ihnen das gelingt. Die Hersteller werden auf jeden Fall einen Informationsvorsprung behalten. Gleichzeitig suchen VW, BMW oder Daimler die Kontrolle über alles, was mit dem Fahrzeug zusammenhängt, auch Reparatur, Finanzierung und Versicherung. Oft sind dabei einzelne Versicherer Partner, wie die Allianz bei VW, aber der Markt als Ganzes bleibt außen vor.

Das zweite Zukunftsproblem für die Versicherer bringen die großen Fortschritte bei der Automatisierung des Fahrens . "Autonome Fahrzeuge werden die Unfallzahlen senken", sagte HUK-Coburg-Vorstand Klaus-Jürgen Heitmann schon im November 2015. "Das hätte direkte Folgen für das Geschäft der Versicherer." Selbst teilautonome Fahrzeuge sorgen für große Veränderungen. Beispiel Parkschäden: Sie machen mehr als 60 Prozent aller Versicherungsschäden aus, mit entsprechenden Warn- und Stoppeinrichtungen werden sie künftig fast vollständig vermieden. Weniger Schäden bedeuten aber mittelfristig weniger Prämien für die Versicherer. Dazu kommt, dass viele junge Leute kein eigenes Auto mehr fahren wollen, sondern in Großstädten auf Carsharing-Dienste setzen. Auch das reduziert den Markt für die Assekuranz. Außerdem muss sich die Branche mit der Konkurrenz durch die Online-Vergleichsportale auseinandersetzen, die Druck machen.

Kunden sollen stationär statt online Gebrauchtwagen kaufen

Um trotz dieser Herausforderungen die Nase vorn zu behalten, will der Versicherer sich als Mobilitätsanbieter präsentieren und seinen guten Namen bei Autofahrern auch für andere Geschäftszweige nutzen. "Es geht uns in erster Linie um Kundenbindung", sagte der Sprecher. Kunden sollen alles rund ums Auto mit der HUK in Verbindung bringen und gar nicht erst über ein Online-Portal gehen. Dabei konzentriert sich die Gesellschaft auf Gebrauchtwagenkäufer; die Neuwagenkunden werden schon in den Autohäusern mit Versicherungsangeboten versorgt. Man werde ältere Fahrzeuge zu "fairen Bedingungen" in Zahlung nehmen, sagte er weiter.

Dazu passt, dass die HUK-Coburg bereits Anfang 2016 begonnen hat, ihren Kunden in den Vertragswerkstätten auch preisgünstige Reparaturen, Reifen und andere Dienste in Fällen anzubieten, die nichts mit einem Versicherungsschaden zu tun haben. Jetzt gehen die Coburger mit dem PKW-Verkauf noch einen Schritt weiter.

Mit dem neuen Autohauskonzept lässt sich das Unternehmen auf erhebliche Risiken ein. Die HUK-Vertragswerkstätten, die in den allermeisten Fällen mit Händlern zusammenhängen, werden wenig erfreut sein über die neue Konkurrenz. Sollte es Qualitätsprobleme bei den verkauften Gebrauchten geben, hätte das eine Negativwirkung für die Marke. Dabei stellt sich die Frage, woher die zu verkaufenden "guten Gebrauchten" überhaupt kommen sollen. Andererseits trauen viele Kunden dem Versicherer ein großes Know-how in Autofragen zu, das könnte dem Projekt nutzen.

Das erste, hochwertig ausgestattete Autohaus soll im Düsseldorfer Stadtteil Lierenfeld entstehen - genauer gesagt in der Lierenfelder Straße 51, unweit der berühmten Düsseldorfer Automeile, auf der fast alle großen Hersteller vertreten sind. Dort dürfte Platz für 80 bis 100 Pkw sein. Sehr wahrscheinlich ist das Düsseldorfer Projekt ein Test, um die Marktakzeptanz für die HUK-Coburg als Gebrauchtwagenhändler zu prüfen. Funktioniert das Konzept, dürften weitere Autohäuser in deutschen Großstädten folgen.

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