Als die Reform Anfang Juni nach hartem Ringen stand, war die Bundesregierung um Selbstlob nicht verlegen. Die geplanten Änderungen der Kfz-Steuer seien ein "klares Zeichen für einen nachhaltigeren und klimafreundlicheren Straßenverkehr", erklärte etwa das Finanzministerium. Die Regierung richte die Steuer stärker an den Emissionen aus. Wer künftig saubere Autos kaufe und zulasse, zahle weniger, schmutzige Neufahrzeuge würden teurer, hieß es zum Gesetzentwurf, der zum Jahreswechsel in Kraft treten soll.
Nun allerdings macht eine Berechnungen der Regierung klar: Die Reform, die für fünf Jahre gelten soll, liefert nur geringe finanzielle Anreize für Autokäufer zum Umstieg auf emissionsärmere Autos. Wer etwa eines der saubersten und oft auch teuren Autos kauft, die bis zu 95 Gramm CO₂ pro Kilometer ausstoßen, wird im Schnitt um gerade mal 30 Euro pro Jahr entlastet. Für Autos, die teils viele Zehntausend Euro kosten, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Zahlen gehen aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zur ökologischen Lenkungswirkung hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Kaum einen Effekt hat die Reform für die breite Masse der Autos. Für die Fahrzeuggruppe, die zwischen 116 und 175 Gramm CO₂ je Kilometer ausstößt und zwei Drittel der Neuzulassungen ausmacht - vor allem Klein- und Mittelklassewagen -, ändert sich fast nichts. Wer ein solches Auto kauft, zahlt im Schnitt zwischen zwei und 23 Euro im Jahr mehr. Am spürbarsten wird die Veränderung für Spritschlucker mit hohem CO₂-Ausstoß von 195 Gramm CO₂ je Kilometer und mehr. Hier steigen die Tarife für Neuzulassungen im Schnitt um 130 Euro für Benziner und 101 Euro für Dieselfahrzeuge pro Jahr. Das Ministerium hatte zwar bereits die Berechnungsgrundlage veröffentlicht, erstmals liegen nun aber Daten zu den Gesamteffekten vor.
Fraglich bleibt, ob sich Käufer davon bei Preisen von 50 000 Euro aufwärts für Mittel- und Oberklasse-SUVs wirklich beeinflussen lassen und sich die erhofften Effekte fürs Klima einstellen. Selbst wenn die Ausschläge in einzelnen Fällen größer ausfallen. Dabei steht die Bundesregierung im Verkehrssektor unter großem Druck, mehr fürs Klima zu tun. Der Sektor zählt mit einem Anteil von 20 Prozent zu den größten CO₂-Emittenten in Deutschland. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssen die Emissionen in diesem Bereich auf breiter Front sinken.
Bundesrechnungshof kritisiert, dass nur Neufahrzeuge betroffen sind
Die Opposition wirft der Regierung angesichts der Zahlen Augenwischerei vor. "Erst eine große Reform im Rahmen des Klimapakets ankündigen und dann ein Feigenblatt-Reförmchen präsentieren, das dem Klima überhaupt nicht hilft", kritisiert Grünen-Finanzpolitiker Stefan Schmidt. Obwohl der CO₂-Ausstoß von Neuzulassungen steige und die meisten davon Spritschlucker seien, begnüge sich die Regierung mit Symbolpolitik. "Mehrkosten von maximal ein paar Dutzend Euro im Jahr werden die Menschen nicht davon abhalten, Spritschlucker zu kaufen. Mit dieser Reform beerdigt Deutschland die Pariser Klimaziele."
Kritik an den Plänen hatte zuvor auch der Bundesrechnungshof geübt. Die Prüfer kritisierten, dass die veränderte Abgabe nur für Neufahrzeuge gelten soll. Das reduziere "den Anreiz für einen schnellen Flottentausch zugunsten emissionsärmerer Fahrzeuge erheblich", hieß es in einem Bericht. Die Berechnung der Steuer folgt einem komplizierten System. Dabei spielen der Hubraum und der CO₂-Ausstoß die entscheidende Rolle. Bislang liegt der Steuersatz bis zu einem Ausstoß von 95 Gramm CO₂ pro Kilometer bei null, für jedes Gramm darüber müssen zwei Euro bezahlt werden. Bei der 95-Gramm-Grenze soll es bleiben, jedoch führt das Finanzministerium jenseits dieser Grenze ein Stufensystem ein: Zwischen 96 und 115 Gramm werden weiter zwei Euro fällig. Danach steigen die Sätze in mehreren Stufen an. Der Höchstsatz von vier Euro je Gramm gilt, wenn das Auto mehr als 195 Gramm CO₂ je Kilometer ausstößt wie bei größeren SUV-Modellen.