Flugverkehr:Guter Plan mit Tücken

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Endlich will die EU Ernst machen und eine Steuer auf Kerosin einführen. Ein sinnvoller Vorschlag. Doch selbst wenn er gegen alle Widerstände durchkommen sollte, wären nicht alle Probleme gelöst.

Von Caspar Busse

Gerade erst ist in einer wichtigen Frage der Besteuerung der Durchbruch gelungen: Rund 130 Länder weltweit einigten sich Ende vergangener Woche grundsätzlich auf eine global einheitliche Mindeststeuer von 15 Prozent für Unternehmen. Jetzt plant EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans einen weiteren transnationalen Vorstoß mit Signalwirkung: Er will einen EU-weiten Mindeststeuersatz für umweltschädliche Flugkraftstoffe durchsetzen und damit nach jahrelanger Diskussion die bisherige Steuerfreiheit für Kerosin abschaffen, zumindest in der EU.

Endlich, muss man sagen. Der Plan ist im Grundsatz gut. Denn dass ausgerechnet auf Kerosin keine Steuer fällig und so das Fliegen subventioniert wird, ist mit Blick auf den Umwelt- und Klimaschutz falsch. Durch Besteuerung von herkömmlichem Kerosin gäbe es einen Anreiz, Emissionen zu verringern. Zudem gewännen auch die - noch deutlich teureren - synthetisch erzeugten Treibstoffe an Attraktivität. Auch würde es sich für die Fluggesellschaften eher lohnen, effizientere und sparsamere Maschinen einzusetzen.

Eine umweltgerechte Besteuerung ist besser als einfache Verbote

Eigentlich ist die steuerliche Bevorzugung von Flugbenzin vor Jahrzehnten eingeführt worden, um die weltweite Luftfahrt zu fördern. Jetzt ist es an der Zeit, dieses Privileg abzuschaffen. Ohnehin ist der Luftverkehr gerade in der Kritik, diskutiert wird zum Beispiel, Kurzstreckenflüge zu verbieten oder Mindestpreise für Tickets einzuführen. Doch eine umweltgerechte Besteuerung und damit eine Verteuerung des Fliegens wäre da die bessere Alternative, um den Flugverkehr zu lenken. Doch so einfach ist das nicht.

Auch am Münchner Flughafen bleiben am Mittwoch die meisten Lufthansa-Maschinen am Boden. (Foto: imago images/Action Pictures)

Problem 1: In Steuerfragen herrscht in Europa das Prinzip der Einstimmigkeit, es müssten also alle 27 EU-Mitglieder mitmachen. Ob das vor allem die südeuropäischen Staaten tun werden, ist fraglich, hängen sie doch wirtschaftlich am Tropf des Tourismus und sind darauf angewiesen, dass die Touristen aus dem Norden günstig per Flugzeug anreisen. Auch wenn offenbar lange Übergangsfristen von bis zu zehn Jahren geplant sind, braucht es also noch viel Überzeugungsarbeit.

Problem 2: In kaum einer Branche ist die weltweite Konkurrenz so groß wie im Luftverkehr. Wird Kerosin lediglich in Europa besteuert, wäre das ein enormer Wettbewerbsnachteil für hiesige Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Air France-KLM gegenüber Airlines aus Nicht-EU-Staaten. Die Passagiere könnten etwa den Umweg über Drehkreuze in Istanbul, Doha, in London (sollte Großbritannien nicht mitmachen) oder anderswo nehmen und die europäische Kerosinsteuer damit umfliegen. Das Ergebnis wäre aus Umweltsicht kontraproduktiv: Die Passagiere fliegen unsinnige Umwege, profitieren würden subventionierte Airlines, die klimapolitisch vielleicht deutlich weniger ambitioniert sind. Selbst wenn sich Europa also einigen könnte, wäre eigentlich wie bei der Unternehmensbesteuerung die international einheitliche Besteuerung von Flugbenzin die sinnvollere Lösung.

Problem 3: Eine Besteuerung von Kerosin würde voraussichtlich größtenteils auf die Ticketpreise umgelegt. Fliegen würde also in Zukunft deutlich teurer. Aber wäre es gerecht, wenn nur noch gut situierte Kunden das Flugzeug nutzen können und alle anderen daheim bleiben müssen, weil sie sich die höheren Preise möglicherweise nicht mehr leisten können? Würden aber Ausnahmen gewährt, würde das die Lenkungswirkung beeinträchtigen. Schon jetzt ist offenbar geplant, Frachtflugzeuge nicht in die Kerosinbesteuerung einzubeziehen.

Die Debatte ums Fliegen wird gerade so emotional geführt wie wenig andere, dabei ist der Anteil des weltweiten Luftverkehrs am globalen CO₂-Ausstoß relativ zu anderen Bereichen gering. Das Beispiel Kerosinbesteuerung zeigt zudem exemplarisch, wie mühsam, ja manchmal unmöglich es ist, einmal gewährte Steuervorteile zu kassieren. Auch für den Auto-Individualverkehr, der ebenfalls negativ auf die Klimabilanz wirkt, gibt es in Deutschland solche Bevorzugungen. Die bessere steuerliche Behandlung von Diesel-Kraftstoff etwa, die Entfernungspauschale für Pendler oder die Steuervorteile für Dienstwagen - auch sie setzen alle falsche Anreize, ihre Abschaffung wird aber kaum diskutiert. Umso wichtiger, dass bei Kerosin jetzt der Anfang gemacht wird.

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