Süddeutsche Zeitung

Kennzeichnung von Lebensmitteln:"Mehr Tierschutz gibt es nicht zum Nulltarif"

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Lidl-Einkaufschef Jan Bock hält wenig vom geplanten staatlichen Tierwohlsiegel. Der Discounter hat ein eigenes System eingeführt - dass Kunden nun teureres Fleisch kaufen werden, glaubt er aber selbst nicht.

Von Silvia Liebrich

Lidl hat als erster Lebensmittelhändler ein umfassendes und leicht verständliches System zur Kennzeichnung von Fleisch eingeführt - und das auch noch ganz ohne Zutun der Politik. Dabei geht es vor allem um mehr Transparenz für Verbraucher, aber auch bessere Haltungsbedingungen in Ställen. Selbst bei Tier-, Verbraucher- und Umweltschützern bekam der Discounter dafür Zuspruch. "Da war ich persönlich überrascht, ich hatte auch mit ein paar negativen Stimmen gerechnet", sagt Lidl-Einkaufschef Jan Bock im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Dass Verbraucher künftig vorrangig zum teureren Fleisch aus besserer Tierhaltung greifen, erwartet er trotzdem nicht. "Leider sieht man bei Nachhaltigkeitsthemen immer wieder, das jeder sagt, ich bin dafür, es besser zu machen. Doch die Moral endet oft am Geldbeutel, das ist nach unserer Erfahrung so."

Ähnliches Modell in den Niederlanden

Trotzdem glaubt der Lidl-Manager auf lange Sicht an den Erfolg der Initiative. Bock verweist auf ein ähnliches Modell in den Niederlanden, das vor ein paar Jahren eingeführt wurde und inzwischen gut angenommen wird. Die Lage in den Ställen habe sich dort seitdem verbessert. Höhere Standards bedeuten jedoch auch höhere Kosten - und dass Fleisch teurer wird. "Mehr Tierschutz gibt es nicht zum Nulltarif", sagt Bock.

Das geplante staatliche Tierwohlsiegel, das bereits seit Jahren in Berlin in der Warteschleife hängt und auf Drängen von Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) nun endlich kommen soll, hält Bock dagegen nicht für den großen Wurf. Er begrüße zwar die grundsätzlichen Überlegungen dazu, "die geplante Freiwilligkeit kritisieren wir aber". Wichtig sind nach seiner Ansicht klare und verbindliche Regeln, die für alle Bereiche gelten. Immerhin werde nur ein Drittel des Fleisches im Handel verkauft, der größere Teil gehe in die Lebensmittelindustrie und in die Gastronomie.

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