Süddeutsche Zeitung

Kehrtwende des US-Präsidenten:Trump opfert den "ökonomischen Nationalismus"

  • Trump hatte in seiner Antrittsrede "America first" als Motto ausgegeben und versprochen, mit China einen neuen Handelspakt zu schließen, der gut für die US-Wirtschaft sei.
  • Nun die Kehrtwende: Wenn Peking mithilft, die Nordkorea-Krise zu lösen, werde Trump ihnen im Handelsstreit entgegenkommen, sagt der Präsident.

Von Bastian Brinkmann und Jan Schmidbauer

In Nordkorea macht es bald wohl wieder bumm. Das Land könnte erneut eine Atombombe testen, sagen Fachleute. Satellitenbilder würden nahelegen, dass ein Test kurz bevorstehe. Am Samstag jährt sich der 105. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung. Zu solchen Terminen lässt es das Regime gerne krachen. Barack Obama hatte seinen Nachfolger Donald Trump bereits gewarnt, dass Nordkorea wohl das wichtigste außenpolitische Thema seiner Amtszeit werden wird.

Nun scheint der US-Präsident erkannt zu haben, wie ernst die Situation ist: In einem Interview mit dem Wall Street Journal verwirft er zentrale Wahlversprechen — falls China mithilft, die Nordkorea-Krise zu lösen. Vor der Wahl hatte Trump China immer wieder angegriffen. Das Land klaue Amerikanern Arbeitsplätze, schimpfte er. Peking manipuliere außerdem seine Währung, um seinen Unternehmen im globalen Wettbewerb Vorteile zu verschaffen. Trump hatte daher seinen Anhängern zwei Wochen vor der Wahl versprochen, einen neuen Handelspakt mit China auszuhandeln und das Land wegen angeblicher Währungsmanipulation international zu ächten.

Nun gibt er diese Positionen offenbar auf. Er habe Chinas Staatschef Xi Jinping gesagt: "Willst du einen großartigen Deal machen? Löse das Nordkorea-Problem." Soll heißen: Trump macht China ein Angebot, um das Land bei der Lösung des Konflikts mit Nordkorea auf seiner Seite zu haben. "Das ist es wert, einen nicht so guten Handelspakt zu schließen, wie ich ihn eigentlich bekommen könnte", sagte Trump der Zeitung.

Diese Kehrtwende ist bemerkenswert. In seiner Antrittsrede hatte Trump das Motto "America first" ausgegeben. Die USA sollten immer zuerst kommen. Nun opfert der Präsident diese Position - zugunsten der Diplomatie. Mit seinen neuen Äußerungen beweist der US-Präsident auch, wie wankelmütig er in vielen seiner Positionen ist.

Heute ist China böse, morgen gut. Er beklagt sich über einen zu starken Dollar, verspricht seinen Wählern aber milliardenschwere Investitionen, die die Währung für gewöhnlich noch stärker machen. Trump schaltet ständig um: zwischen Attacke und Diplomatie.

Eine entscheidende Rolle dürfte dabei spielen, welchen Beratern er Gehör schenkt. Denn auch was sein Umfeld angeht, scheint Trump derzeit eine Kehrtwende zu vollziehen - oder zumindest andere Prioritäten zu setzen. Als wichtigster Kopf hinter seinem Wahlprogramm galt bislang Chefstratege Steve Bannon. Er hatte ausgerufen, einen "ökonomischen Nationalismus" verfolgen zu wollen. Doch Bannon wirkt plötzlich wie abgemeldet.

Auf die Frage eines Journalisten der eher konservativen New York Post war Trump nicht bereit, sich noch voll hinter ihn zu stellen. In dem Interview sagte er: "Ich mag Steve", aber der sei erst "spät" in sein Wahlkampf-Team eingestiegen. Vorher habe er ihn gar nicht gekannt. So deutlich hatte er sich noch nie von Bannon distanziert.

Der 63-jährige Bannon ist der radikale Einflüsterer in Trumps Berater-Team. Als Chef der rechten Webseite "Breitbart" gab Bannon Rassisten und Antisemiten eine öffentliche Plattform. Auch in ökonomischen Fragen gilt er als Hardliner. Nun nimmt Trump seinem Chefideologen zunehmend Einfluss. Per Erlass schmiss er ihn in der vergangenen Woche aus dem Nationalen Sicherheitsrat.

Statt Bannon dürften nun andere Männer in Trumps Berater-Team wichtiger werden, vor allem diejenigen, die er von der Wall Street ins Weiße Haus geholt hat. Wie die Washington Post berichtet, gewinnt insbesondere einer an Einfluss: Gary Cohn. Der Chef des Nationalen Wirtschaftsrats ist Trumps wichtigster Berater in ökonomischen Fragen. Er war vorher Vize-Chef der Investmentbank Goldman Sachs. Cohn, der übrigens Parteimitglied der Demokraten ist, könnte Trump geraten haben, von seinem Abschottungskurs gegenüber China abzuweichen.

Die Finanzmärkte reagieren auf Trumps Meinungsumschwung

Die Äußerungen des US-Präsidenten über China und die Währung des Landes bleiben dennoch eine Überraschung. Etliche Male hatte er das Land als "Währungsmanipulator" geschmäht. Nun sagt er über China: "Sie sind keine Währungsmanipulatoren". Eine Position, die Ökonomen schon seit langem vertreten, wird jetzt auch von Donald Trump geteilt.

Die Finanzmärkte reagierten umgehend auf seine jüngsten Äußerungen. Der Dollarkurs fiel. Trump hatte gesagt, dass der Dollarkurs zu hoch sei. Das mache es für US-Firmen schwieriger, ihre Produkte ins Ausland zu verkaufen. Das überraschte auch die asiatischen Finanzmärkte. Der japanische Yen wurde im Vergleich zum Dollar so teuer wie seit November nicht.

Trump ist noch immer keine 100 Tage im Amt und hat nun gleich zwei große außenpolitische Themen, die er dringend bearbeiten muss. Die Nordkorea-Krise ist neben Syrien der zweite außenpolitische Ernstfall für den immer noch neuen Präsidenten. Nordkoreas Regierung sieht die Nuklearwaffen als Überlebensgarantie. Weil die Raketen des Landes die US-Verbündeten Südkorea und Japan sowie bald vielleicht auch die amerikanische Westküste erreichen könnten, haben die Waffen des Landes Potential zur Abschreckung. Und so sorgt der Diktator eines Landes mit knapp 25 Millionen Einwohnern dafür, dass der mächtigste Mann der Welt seine Strategie ändert.

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