Kaufhof:Pest oder Cholera

Die kanadische Hudson's Bay Company hat nach Übernahmen stets Kosten gespart, Filialen geschlossen und Personal abgebaut. Wird es diesmal anders sein?

Von Michael Kläsgen

Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es. Aber wenn man sich anschaut, was sich gerade bei Kaufhof abzeichnet, dürfen Zweifel berechtigt sein, ob das stimmt. Bei Karstadt wurde US-Investor Nicolas Berggruen als Retter gefeiert, bis Ernüchterung einkehrte. Und jetzt? Wurde die kanadische Hudson's Bay Company (HBC) als neuer Eigentümer jubelnd empfangen. Es hieß: Alle Kanadier lieben "The Bay". Und: Die bringen neuen Schwung in den verstaubten Laden. Doch diesmal dräut das böse Erwachen schon, bevor HBC Kaufhof überhaupt in Besitz nimmt. Der offizielle Vertragsabschluss steht Ende September an. Doch schon zeichnet sich ab, dass HBC mehr verändern wird, als viele gedacht haben.

Dabei gehört es zur Wachstums- und Erfolgsgeschichte des Konzerns aus Toronto, aus Übernahmen Synergien zu erzeugen, die Kosten zu senken, Immobilienwerte zu realisieren und zu versuchen, mit neuen Führungskräften das Geschäft besser zu managen, als die Mannschaft zuvor. Die Kanadier sind so groß geworden. Schaut man auf die Historie der nicht wenigen Akquisitionen ist ein bestimmtes Muster erkennbar. Wahrscheinlich gehört es zum Erfolgsrezept der Company.

In der Vergangenheit schloss HBC nach einer Übernahme in aller Regel in erheblichen Ausmaß Filialen, führte umfangreiche Kostensenkungsprogramme durch und baute zahlreiche Stellen ab. Insider haben die Filialschließungen beziffert. Danach waren es bei Zellers, dem kanadischen Einzelhändler, 200 Filialen, die dicht gemacht wurden, bei Lord & Taylor drei, bei Saks Fifth Avenue 27 und bei Home Outfitters zwei Filialen in diesem Jahr. Zwischen 2011 und 2015 schloss HBC nicht weniger als 272 Filialen. In diversen Kostensenkungsprogrammen strich der Konzern mehr als 36 000 Stellen.

HBC ließ nun mitteilen, dass es bei Kaufhof keine Schließungen von Filialen über jene hinaus geben werde, die der bisherige Mutterkonzern, die Metro AG, bereits angekündigt hatte. Dazu muss man wissen: HBC hat eine Sozialcharta unterzeichnet, wonach der Konzern fünf Millionen Strafe pro Standort zahlen muss, den er zusätzlich schließt. Personalabbau ist, wohl gemerkt, dennoch möglich. Vor dem Hintergrund ist interessant, dass HBC erwägt, Lebensmittelabteilungen zu schließen und auf Mode-Etagen Fremdfirmen zu stationieren. Dazu teilt HBC mit, dass man ständig überprüfe, wie die Verkaufsfläche möglichst optimal genutzt werden könne und wie das Produktsortiment im Interesse der Kunden gestaltet wird.

HBC hatte auch versprochen, nicht am Management zu rütteln. Dennoch steht nun der langjährige Warenhaus-Chef Lovro Mandac auf der Abschussliste. Dabei läuft dessen Vertrag noch bis 2018. HBC argumentiert in diesem Fall, Mandac gehöre nicht mehr zum operativen Management von Galeria Kaufhof und habe mit 65 Jahren das Rentenalter erreicht. Vielleicht werde man sein Know-how anderweitig nutzen. Die Gespräche laufen.

HBC hat sich mit dem Kaufpreis von 2,8 Milliarden Euro für 103 Galeria-Kaufhof-Filialen und insgesamt 59 Immobilien offenbar verausgabt. Fachleute halten ihn für 400 bis 500 Millionen Euro zu hoch. Daher soll Kaufhof sich an dem Kauf nun offenkundig selber beteiligen, und zwar über höhere Mieten. Kaufhof soll, so heißt es, im Jahr 48 Millionen Euro mehr an Miete schultern. Das entspräche fast der Hälfte des Vorsteuergewinns im laufenden Geschäftsjahr. Die Mieterhöhung sol bereits Anfang Oktober wirksam werden. Die Verträge sollen zudem so verändert werden, dass Kaufhof auch für die Instandhaltung und Versicherung der Immobilien aufkommen muss.

Kaufhof steht entsprechend weniger Geld für Investitionen zu Verfügung. Der Nettozufluss liquider Mittel vor Investitionen beträgt maximal 100 bis 120 Millionen Euro. Die jährlichen Investitionen lagen in der Vergangenheit nur unwesentlich darunter. Aus dem operativen Geschäft sind daher kaum Investitionen möglich. Kaufhof befindet sich insofern in einer Zwickmühle. Entweder legt das Unternehmen ein Kostensenkungsprogramm auf oder verschuldet sich. Man erinnere sich: Auch Karstadt hatte die Wahl zwischen Pest und Cholera.

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