Karstadt und Kaufhof:Fusion mit bitterem Beigeschmack

Kaufhof und Karstadt

Einkaufsstraße in Trier: Die Fusion der beiden letzten großen deutschen Warenhauskonzerne soll kommende Woche offiziell besiegelt werden.

(Foto: dpa)
  • Bei der Fusion von Karstadt und Kaufhof sollen bei Letzterem etwa 5000 Arbeitsplätze wegfallen.
  • Mitarbeiter und Gewerkschafter sind empört - steil bergab geht es mit Kaufhof allerdings schon seit Jahren.
  • Nach einem glücklichen Start der neuen "Europäischen Warenhaus AG" sieht es derzeit aber auch nicht gerade aus.

Von Michael Kläsgen

Jetzt haben auch die Banken nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die letzten Hürden zur Fusion aus dem Weg geräumt und dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof zugestimmt. Noch ist der Vertrag nicht offiziell unterschrieben, Insider rechnen aber damit, dass der österreichische Karstadt-Eigentümer Signa und die Kaufhof-Mutter, die kanadische Hudson's Bay Company (HBC), dies bis zum 15. September tun werden.

Die Zustimmung der Banken hat allerdings auch einen bitteren Beigeschmack. Wegen der desolaten Finanzsituation bei Kaufhof sollen beim Kölner Warenhauskonzern etwa 5000 der insgesamt knapp 20 000 Arbeitsplätze wegfallen. 1300 Stellen ließen die Kanadier bei Kaufhof bereits im vergangenen Jahr streichen. Diesmal gibt es keine Jobgarantie, heißt es, stattdessen sollen Sozialpläne erstellt werden. Auch auf die verbleibenden Mitarbeiter kommt nichts Gutes zu: Sie müssen mit einem Sanierungstarifvertrag und daher mit schlechteren Konditionen rechnen. Ihnen drohen Lohnkürzungen oder der Wegfall von Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Weder HBC noch Signa wollten das offiziell bestätigen.

Ein solcher Sanierungstarifvertrag kann allerdings nur gemeinsam mit der Gewerkschaft geschlossen werden, und auch nur, wenn Kaufhof andernfalls die Pleite droht. Verdi hatte vor Wochen erklärt, die Ergebnisse der Fusionsverhandlungen zunächst abwarten zu wollen, ehe sie Stellung dazu bezieht. Sie hatte mit dem Kaufhof-Management schon seit vergangenem November über einen Sanierungstarifvertrag verhandelt. Dabei ging es bereits um niedrigere Gehälter für die knapp 20 000 Beschäftigten. Die Verhandlungen zogen sich über Monate hin und blieben ohne Ergebnis. Jetzt werden die schlimmsten Befürchtungen von Gewerkschaftern und Betriebsräten bestätigt.

Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger forderte, unverzüglich in die Planungen der Kaufhof- und Karstadt-Eigentümer eingebunden und angehört zu werden. HBC und die Signa müssten ihrer sozialen Verantwortung gerechtwerden. Verdi sprach sich zudem gegen die geplante Verschmelzung der beiden Unternehmen aus.

Uwe Hoepfel, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von Kaufhof, sagte: "Es ist skandalös, als Vertretung der Beschäftigten über Medien erfahren zu müssen, dass angeblich 5000 Stellen gestrichen werden sollen". Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Karstadt, Jürgen Ettl, erklärte sich mit den Kollegen von Kaufhof solidarisch. Es gehe hier um Menschen, sagte er. "Wir erwarten, dass man mit unseren Kolleginnen und Kollegen verantwortlich umgeht."

Eine lange Warenhaustradition scheint nun bitter zu enden

Auf Seiten von Kaufhof scheint mit der so gut wie besiegelten Fusion eine lange Warenhaustradition bitter zu enden. Vor der Übernahme Kaufhofs durch die Kanadier 2015 war der Kölner Warenhauskonzern noch ein finanziell solides Unternehmen. Zwar sank der Umsatz, aber die Erträge blieben stabil. Trotz der ungebrochen überschäumend positiven Rhetorik der Kanadier wandelte sich der Zustand Kaufhofs in drei Jahren vollständig.

Seit der Übernahme durch die Kanadier verzeichnete das Traditionshaus von Jahr zu Jahr steigende Verluste in zweistelliger Millionenhöhe. Lieferanten verlangten Vorkasse. Warenkreditversicherer erhöhten den Druck. Jetzt soll es am Rande der Insolvenz stehen. Das von Leonhard Tietz 1891 gegründete Unternehmen hat zwar eine bewegte Geschichte, vor allem während der Nazi-Zeit, aber einen finanziellen Niedergang in so kurzer Zeit hat es selten erlebt.

Von wem das Unternehmen künftig geführt werden soll

Das Bankenkonsortium unter Führung der LBBW, das den Kanadiern 2015 einen Milliardenkredit bewilligte, um den Kauf von 41 Kaufhof-Immobilien zu finanzieren, soll das Vertrauen in Hudson's Bay inzwischen gänzlich verloren haben. Die Kanadier erfüllten in den vergangenen drei Jahren die im Kreditvertrag vereinbarten Bedingungen kein einziges Mal, sondern vertrösteten die Banken bei jeder Prüfung mit blumigen Versprechungen. Das Konsortium soll auch darauf bedacht gewesen sein, dass Signa das gesamte Management des Gemeinschaftsunternehmens stellt. Unter dieser Bedingung verlängerte das Konsortium den Kredit um weitere sieben Jahren.

Geführt werden soll das Unternehmen vom derzeitigen Karstadt-Chef Stephan Fanderl, der auch Chef der Einzelhandelssparte von Signa ist, sowie von Karstadt-Finanzchef Miguel Müllenbach. Von den Kanadiern soll niemand am Management beteiligt sein. Deren Vertreter sollen lediglich im Aufsichtsrat sitzen.

Signa-Chef René Benko habe persönlich in den vergangenen Tagen bei den Vorständen der fünf Banken und der Ergo Versicherung vorgesprochen, um für die Übernahme zu werben, hieß es. Tatsächlich ist vorgesehen, dass Signa die knappe Mehrheit von 50,01 Prozent am Warenhausgeschäft des Joint Ventures übernimmt und genau die Hälfte zweier Immobilienpakete, eines mit 41 Häusern, ein anderes mit 18 Gebäuden.

Durch die geplante Fusion entsteht der zweitgrößte Warenhauskonzern Europas nach dem spanischen Unternehmen El Corte Inglés. Er erwirtschaftet mit mehr als 30 000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von etwa fünf Milliarden Euro, El Corte Inglés kommt auf mehr als das Doppelte. Zu dem Gemeinschaftsunternehmen gehören neben den insgesamt 175 Karstadt und Kaufhof-Filialen in Deutschland 28 Karstadt-Sports-Läden, 16 Galeria-Inno-Filialen von Kaufhof in Belgien, 13 Kaufhäuser des Kaufhof-Eigentümers HBC in den Niederlanden und dessen acht Markendiscounter Saks off 5th in Deutschland und den Niederlanden. Da das Unternehmen in drei europäischen Ländern vertreten ist, sprechen die Unternehmen von einer "Europäischen Warenhaus AG". Vorübergehend sollen Karstadt und Galeria Kaufhof ihre Namen behalten. Ziel ist es aber, einen einzigen Markennamen für alle Häuser zu finden. Nach einem glücklichen Start der Warenhaus AG sieht es derzeit nicht aus.

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