Kaufhaus in der Krise:Was Karstadt zum Überleben braucht

Karstadt

Karstadt kämpft ums Überleben, aber das klassische Warenhaus mit seinem breiten Angebot ist alles andere als tot.

(Foto: dpa)

Was macht Karstadt falsch? Der selbsternannte Retter Berggruen ist gescheitert, das Kaufhaus steckt tief in der Krise und braucht Geld für dringend erforderliche Investitionen. Viel wichtiger noch: Karstadt braucht eine Strategie, eine Vision.

Ein Kommentar von Caspar Busse

Mehr als drei Jahre ist es her, da tauchte plötzlich der bis dahin in Deutschland weitgehend unbekannte Investor Nicolas Berggruen auf und übernahm den taumelnden Warenhauskonzern Karstadt. Der Empfang war freundlich. Der Deutschamerikaner, der rastlos um die Welt reist und nur in Hotels wohnt, köderte die Arbeitnehmer mit weitreichenden Zusagen, die nahmen ihn gerne beim Wort. Er sprach von der "Kultmarke Karstadt", die er wiederbeleben wolle, und stellte eine schöne Zukunft in Aussicht.

Daraus, das kann man heute mit Gewissheit sagen, ist nichts geworden. Karstadt steckt nach wie vor tief in der Krise. Die Umsätze gehen zurück, angeblich gibt es Verluste in dreistelliger Millionenhöhe, das Eigenkapital schmilzt dahin. Die Mitarbeiter müssen weitgehende Zugeständnisse machen, bekommen nicht den vollen Tariflohn. Dazu kommt, dass es nun an der Spitze eine gefährliche Vakanz gibt: Karstadt-Chef Andrew Jennings hat seinen Rückzug zum Jahresende verkündet, einen Nachfolger gibt es bisher nicht. Schon fürchten manche, Karstadt könnte wie schon vor vier Jahren erneut in die Insolvenz rutschen.

Das klassische Warenhaus ist nicht tot

Was macht Karstadt falsch? Warum kommt der Kaufhauskonzern nicht auf die Erfolgsspur? Die Traditionsfirma, die vor mehr als 130 Jahren gegründet wurde, braucht zunächst einmal Geld, um dringend erforderliche Investitionen zu tätigen. Viel wichtiger noch: Karstadt braucht eine Strategie, eine Vision, hinter der sich die immer noch 25.000 Mitarbeiter des Unternehmens versammeln können.

Das klassische Warenhaus mit seinem breiten Angebot ist zumindest alles andere als tot, genauso wenig wie das Shopping in den Innenstädten. Die Geschäfte von Apple, von Luxusanbietern wie Louis Vuitton oder trendige Modeläden sind auch heute meist voll und melden gute Umsätze - trotz boomenden Internethandels. Zurück in die Städte, lautet bei vielen das Motto. Das Einkaufserlebnis, das Anfassen von Waren, eine gute Beratung, das Sofort-Mitnehmen - das alles sind Pluspunkte des sogenannten stationären Handels gegenüber dem Online-Einkauf am Computer zu Hause. Auch wenn die Zusteller im Netz bestellte Waren in der Regel zuverlässig nach zwei Tagen an der Haustür abliefern und sich der Wettbewerb dadurch erheblich verschärft hat - es wäre völlig voreilig, das Konzept des Kaufhauses abzuschreiben.

Berggruens Lamento ist kaum zu glauben

Ein Beweis, dass das gute alte Warenhaus eine Zukunft haben kann, liefert Karstadt-Konkurrent Kaufhof. Dort wird eine Rendite von mehr als vier Prozent erwirtschaftet, das ist für den margenschwachen Handel nicht schlecht. Kaufhof wie auch Karstadt sind in vielen deutschen Innenstädten präsent - manche Filialen liegen nah beieinander. Die Sortimente der beiden Konkurrenten unterscheiden sich nicht grundsätzlich. Trotzdem ist Kaufhof, der zum Metro-Konzern gehört, erfolgreicher als Karstadt. Das liegt auch an den Altlasten der vergangenen Jahre: Karstadt hat noch zu Arcandor-Zeiten viele seiner Immobilien verkauft und muss diese nun teuer zurückmieten.

Was Karstadt zum Überleben braucht, ist nicht da: eine neue Strategie. Ramschofferten und Ausverkaufangebote mit dem Etikett "Wow-Sale" bringen keinen Erfolg. Billigketten wie Schlecker, Hertie oder Woolworth haben das bereits gespürt. Kaufhof konzentriert sich auf höherwertige Waren - und die Luxuskaufhäuser der Karstadt-Gruppe - Oberpollinger in München, KaDeWe in Berlin und Alsterhaus in Hamburg - laufen relativ gesehen auch besser.

Jennings schaffte nur Kosmetik

Bisher hat Karstadt-Chef Jennings, der offenbar den deutschen Markt nicht gut genug kennt, nur Kosmetik betrieben: Das Angebot wurde ausgedünnt, Computer, Fernseher, DVD werden nicht mehr verkauft. Stattdessen konzentriert sich Karstadt auf Mode. Aber gerade dort ist die Konkurrenz und die Abhängigkeit vom Wetter stark. Das alles reicht nicht. Die Filialen wurden bisher nicht ausreichend modernisiert. Wie viel Berggruen bislang in den Karstadt-Kult investiert hat, ist unklar; hoch dürfte der Betrag nicht sein. Doch das Geld wird gebraucht.

Lamentieren hilft da nicht. Berggruen hat in der vergangenen Woche eingeräumt: "Ich habe nicht gewusst, wie krank Karstadt nach 20 Jahren Missmanagement wirklich war." Das ist kaum zu glauben. Denn nach der Insolvenz war die desolate Lage von Karstadt allgemein bekannt. Berggruen ist nicht naiv. Diese Ausrede zählt nicht.

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