Kaufhaus-Design:Glitzerndes Gold und Champagner

Heinz-Herbert Dustmann

So stellt sich Unternehmer Dustmann das ideale Kaufhaus vor: nicht vollgestellt, mit exklusiven Marken und gut beleuchtet.

(Foto: Heinz-Herbert Dustmann)

Ein Dortmunder Unternehmer glaubt zu wissen, wie Kaufhäuser aussehen müssen, um wieder Erfolg zu haben. Heinz-Herbert Dustmann hat selbst Harrods ausgestattet.

Von Janis Beenen, Dortmund

Neben Dönerbude und Billig-Bäcker wird in Dortmund die Gestaltung von Läden auf der ganzen Welt geprägt. Dort residiert Heinz-Herbert Dustmann, ein kleiner, älterer Herr, dem Top-Manager vertrauen. Sein Unternehmen "Dula" baut die Inneneinrichtung für Modeketten wie H&M oder Filialen des Kameraherstellers Leica. Und wenn Apple-Chef Tim Cook in der Konzernzentrale in Cupertino zur Konferenz lädt, sitzt er wahrscheinlich an einem Tisch aus Dustmanns Fertigung. Im vergangenen Jahr besuchte ihn der Tech-Manager sogar in einem Werk im Münsterland. Ein sympathischer Mann sei der Tim Cook, sagt Dustmann mit schmalem Lächeln. Der 66-Jährige weiß wohl: Viel mehr kann man als Familienunternehmer nicht erreichen.

Dustmann baute Einrichtungen für Harrods, Harvey Nichols und De Bijenkorf

Dennoch tritt er in den letzten Jahren seiner Karriere noch einen Beweis an. Dustmann will zeigen, dass das abgeschriebene Konzept "Kaufhaus" mit der richtigen Einrichtung noch eine Zukunft hat. Während Karstadt und Kaufhof scheinbar aus der Mode kommen, erprobt er in seinem Geschäft in Dortmund Innovationen. Das Erfolgsrezept: Ausgefallen muss es sein. Leicht könnte man den Mann mit dem schütteren, grauen Haar unterschätzen. Egal, worum es geht, ein Anekdötchen von einem Geschäftsfreund, einem Mitarbeiter oder seiner Familie hat er immer parat. Dustmann meint es ernst.

Das Wort "Warenhaus" vermeidet er bei seiner Vision - auch, wenn er die Grundidee nach wie vor fantastisch findet. Er nennt seinen Laden lieber "Lifestylestore". "Die Häuser müssen hochwertiger werden", sagt Dustmann. Spartenprodukte wie Nähzubehör und Stoffe hat er rausgeworfen. Die lohnten sich nicht. Bei den Möbeln gibt es nur noch Designerprodukte. Wer Standardware will, fährt ins Möbelhaus, ist Dustmann überzeugt. Top-Marken gehören für ihn ins Sortiment. "Wir haben jetzt auch Gucci und Prada", sagt Dustmann. Darauf sei er sehr stolz.

Im Dortmunder Stadtteil Hombruch läuft der Versuch seit einigen Wochen. Für viel Geld hat Dustmann sein Kaufhaus aufmöbeln lassen. Einst war Karstadt im Gebäude, nun nutzt der Unternehmer die Räume zur Leistungsschau. Hinter den Fenstern hängen rote Stoffe wie im Theater, die Köpfe der Schaufensterpuppen glänzen in Gold. Ausgerechnet in einer Einkaufsstraße im Osten des Ruhrpotts soll die Inszenierung Erfolg bringen. "Wenn man einen Leuchtturm schafft, kann man die Leute sogar in nicht so zentral gelegene Regionen locken", sagt Dustmann. Vertreter der Kette De Bijenkorf aus den Niederlanden sowie des britischen Luxusanbieters Harvey Nichols besichtigten die Dortmunder Ideenschmiede bereits. Für beide hat Dustmann genau wie für das Londoner Harrods schon Einrichtungen gebaut.

Neben exklusiven Marken setzt er auf Aufenthaltsqualität. Die soll vor allem die Gastronomie schaffen. Anders als in Einkaufszentren, wo der Backfischverkäufer gefühlt gleichzeitig den Asia-Wok betreut, soll die Verköstigung bei Dustmann hochwertiger sein. Er spricht gerne von "genießen", nicht nur beim Einkauf, sondern auch drum herum. In der Champagnerlounge im zweiten Stock prosten sich schon am Freitagmorgen die Damen zu. Zusätzlich gibt es zwei Restaurants, eines so teuer, dass man für ein Menü in der Innenstadt problemlos 25 Currywürste finanzieren könnte.

Beim Design geht es um jedes Detail. Es sollte für jedes Haus individuell passen

Die Wissenschaft stützt Dustmanns Kurs. "Eventcharakter zieht. Als Gemeinschaftserlebnis überlebt analoges Shoppen", sagt Joachim Hurth, Professor für Handelsbetriebslehre an der Wolfsburger Ostfalia Hochschule. Einkaufen als Selbstzweck - das funktioniert nicht mehr. Für mehrere mittelpreisige Warenhäuser in einer mittelgroßen Stadt sieht der Forscher keine Zukunft. "Nach dem Krieg ging es darum, Überfluss zu zeigen", sagt Hurth. Doch die Zeit vollgestopfter Regale und dicht bepackter Kleiderständer sei vorbei. "Die Artikel müssen inszeniert werden, um Interesse zu wecken", sagt Hurth.

Dustmann beherzigt diesen Ansatz. Statt Klamottenstapeln liegen bei ihm häufig einzelne T-Shirts oder Pullover auf den Tischen. Kunden bekommen einen besseren Eindruck von der Ware. Dass dieser Kniff zieht, hat Dustmann wohl auch beim Label Zara gelernt. Für die Spanier setzt er entsprechende Konzepte in Serie um. Mal müssen die Tische für die Läden der beliebten Kette höher werden, mal niedriger. Auf Details kommt es an.

Dustmann verfolgt Einzelheiten mit Akribie. Er streift in seinem Anzug mit Zettel und Stift durch die Gänge seines Geschäfts und notiert, was noch besser werden kann. Ein Bauplan für alle Warenhäuser - das verspricht aus seiner Sicht keinen Erfolg. "Das Design muss in jedem Haus stimmen", sagt er. Es dürfe nicht monoton werden. Er will "Themenwelten" schaffen. Etwa durch Jeans, die auf Werkbank und Europalette ausgestellt sind.

Wert legt der Unternehmer aufs Licht. Die Angebote sind exakt ausgeleuchtet. "Je höherwertiger, desto dramatischer und punktueller sollte das Licht sein", lautet die Faustformel. Jeden Winkel flutende Lampen nerven ihn. Wenn Dustmann das erklärt, klingt er so, als hätten die Großen in Sachen Einrichtung einiges falsch gemacht. Ist dem so? Haben Karstadt und Kaufhof beim Design Trends verpasst? Über die Konkurrenz spricht Dustmann ungern. Nur so viel: "Es ist traurig, was aus manchen Kaufhäusern geworden ist."

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