Einen Erfolg können die Börsen-Neulinge schon jetzt für sich verbuchen. Zalando und Rocket Internet haben etwas geschafft, das lange niemandem mehr in Deutschland gelang, und das auch 13 Jahre nach dem Crash der Internet-Aktien am neuen Markt kaum möglich schien.
Deutsche Anleger, die seitdem kaum noch Lust auf Aktien hatten, interessieren sich auf einmal wieder für die Börse. Sie wollen es auf keinen Fall verpassen, das nächste große Ding. Bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) liefen schon die Telefone heiß. "Seit Wochen rufen hier ständig Anleger an und fragen, was sie tun müssen, um Aktien zu bekommen", sagt DSW-Präsident Marc Tüngler. "Viele Anrufer müssen wir erst einmal abkühlen."
Die nächsten großen Dinger, das sind erstens eine Holding, die an gut 70 Internetunternehmen beteiligt ist und Verluste schreibt, den addierten Fehlbetrag seiner Beteiligungen aber nicht veröffentlicht. Und zweitens die bislang größte Erfolgsgeschichte dieser Holding, ein Versandhändler, der zum ersten Mal in seiner sechsjährigen Geschichte einen Gewinn vor Zinsen und Steuern vermeldet hat. Und da muss man jetzt dabei sein?
Die Kursgewinne dürften an die Großen gehen
Wenn an diesem Mittwoch um acht Uhr der Handel an der Frankfurter Börse eröffnet, werden die allermeisten Privatanleger die große Gelegenheit schon verpasst haben. Wer vor einem solchen Börsengang Aktien haben will, muss sie bei einer Bank zeichnen. Das ist vereinfacht gesagt eine Bewerbung um Anteilsscheine.
Am Montagabend endete die Zeichnungsfrist - und gemeinsam mit den begleitenden Investmentbanken und Beratern entschieden die Zalando-Manager über die Zuteilung der Aktien. "Ein bis zwei, maximal drei Prozent" dürften erfahrungsgemäß auf Privatanleger entfallen, sagte ein Unternehmenssprecher. Die meisten gehen an Fonds, Banken und Vermögensverwalter, die große Aktienpakete haben wollten.
Und die dürften einen Großteil der Kursgewinne einfahren, die schon am Anfang zu erwarten sind. Denn obwohl die Nachfrage nach Zalando-Aktien mehr als zehnmal größer war als das Angebot, liegt der Startpreis mit 21,50 Euro einen Euro unter dem oberen Ende der Preisspanne. Im vorbörslichen Handel kosteten sie schon bis zu 34 Euro; Aktien von Rocket Internet übertrafen den zuvor festgelegten Maximalpreis teilweise sogar um fast die Hälfte.
Ein fulminantes Börsendebüt ist damit gesichert, das aus Anlegersicht aber vor allem große Risiken birgt. Wer nicht vor Montagabend Aktien zugeteilt bekam, muss die Titel am Markt zu einem Zeitpunkt kaufen, zu dem die größten Profite bereits bei anderen sind. "Börsengänge werden in Zeiten gemacht, die gut für Verkäufer sind. Nicht für die Käufer", sagt der Fondsmanager und Wirtschaftsprofessor Max Otte. Er bezweifelt, dass die mehr als fünf Milliarden Euro gerechtfertigt sind, die Zalando zum Börsenstart wert sein wird.
Um die Bewertung von Online-Versandhändlern wie Zalando zu vergleichen, gilt das Verhältnis von Aktienkurs und Umsatz als aussagekräftig. Zalando ist zum Ausgabepreis etwa 2,7 mal so viel Wert wie sein Jahresumsatz. Bei Amazon, dem größten E-Commerce-Konzern der Welt, liegt dieser Wert aktuell bei 1,8. Obwohl Amazon weit mehr ist als nur ein Online-Händler, deutlich schneller wächst als Zalando und mehr als 30 mal so viel Umsatz macht, soll die deutsche Firma höher bewertet sein?
Solche Fragen sollten sich Privatanleger immer stellen, bevor sie eine Aktie kaufen, vor allem bei Börsengängen. Zwar bieten die beiden Unternehmen vielversprechende Wachstumsgeschichten, warnen aber auch davor, dass sie vielleicht nie nennenswerte Gewinne erwirtschaften werden, von einer Dividende ganz zu schweigen. Also erst einmal abwarten. Oder, wie es Anlegerschützer Tüngler formuliert: "Wer nach der Erstnotiz sofort in den Markt geht, verliert in der Regel Geld."