Kartellamt:Union kippt Verbraucheramt

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Das Bundeskartellamt hätte Anwalt der Kunden werden sollen, so lautete der politische Plan, aus dem nun nichts wird. Die CDU hat es sich anders überlegt und leistet jetzt Widerstand.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Das Bundeskartellamt wird nun doch keine Verbraucherschutzbehörde. Nach der Musterklage für Verbraucher scheitert damit ein weiteres Rechtsinstrument, das den Verbraucherschutz stärken sollte, am Widerstand der Union. Ursprünglich hatte die große Koalition geplant, das Kartellamt auf "schwerwiegende Verstöße von Unternehmen" anzusetzen, "die ihre Nutzer mit undurchsichtigen Regelungen in die Irre führen". So formulierte es Ende November noch der CDU-Abgeordnete Matthias Heider, der sich gemeinsam mit dem SPD-Politiker Marcus Held für eine Stärkung des Amts eingesetzt hatte.

Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wollte, dass das Kartellamt rechtlich gegen unseriöse Internetfirmen vorgehen kann. Dazu sollte eine Beschwerdestelle für Bürger entstehen.

Nun ist dieser Vorschlag jedoch vom Tisch. Die CDU sei jetzt nur noch bereit, eine Reform zu unterstützen, durch die das Kartellamt Stellungnahmen in bereits laufenden Gerichtsprozessen abgeben könnte. Außerdem soll das Amt bestimmte Wirtschaftsbereiche untersuchen dürfen, schlägt Matthias Heider heute vor. Eine "Verbraucherbehörde mit scharfen Werkzeugen", wie sie einmal zur Debatte stand, sei allerdings ein "Paradigmenwechsel", für den eine Datengrundlage fehle, sagt Heider.

"Ich bin enttäuscht", sagt SPD-Politiker Held: "Wir haben unser Ziel nicht erreicht." Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD die "Prüfpflicht" einer Behörde für Verbraucherrechte vereinbart. Der Umbau des Kartellamts sollte anschließend Teil eines neuen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sein. Mit diesem Gesetz setzt die Bundesregierung eine EU-Richtlinie um. Auch deshalb steht sie unter Zeitdruck, die Diskussion abzuschließen - mit oder ohne Kartellamtsreform.

Schon im März hatte das Amt ein Verfahren gegen das soziale Netzwerk Facebook eröffnet. Das Unternehmen habe gegen Datenschutzvorschriften verstoßen, so der Verdacht. Um gegen Facebook zu ermitteln, musste die Behörde allerdings einen Umweg gehen: Nicht der Datenschutz, sondern der Missbrauch der "Marktmacht" stand im Mittelpunkt. Eine Verbraucherbehörde hätte regulär gegen Digitalkonzerne wie Google ermitteln sollen, etwa, um diskriminierende Algorithmen aufzuspüren. Auch Fake-Onlineshops, die Geld nehmen, aber nichts liefern, hätten ein Ziel sein können. Deren Kunden scheuen schließlich oft den Aufwand, selbst vor Gericht zu ziehen.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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