Kartellamt gegen Mineralölkonzerne:Kampf um die Tankstelle

Das Kartellamt geißelt die Benzinpreise - doch es kann nur wenig tun. Denn Preisabsprache hat das Amt bei den großen fünf Mineralölkonzernen nicht gefunden. Den Bericht darf man aber nicht unterschätzen: Indem er das Oligopol klar benennt, befördert er die öffentliche Diskussion um die Höhe der Benzinpreise. Mehr ist nicht drin.

Caspar Busse

Es ist immer das Gleiche: Die Preise für Benzin und Diesel steigen und fallen im Gleichschritt. Setzt die eine Tankstelle die Notierung nach oben, folgen mit kurzem Abstand die Konkurrenten an der Ecke. Höhere Spritpreise kurz vor dem langen Wochenende oder vor Feiertagen und Ferien - das ist oft Alltag und ein Ärgernis für viele Autofahrer.

Das Bundeskartellamt hat jetzt eine ungewöhnlich gründliche Untersuchung abgeschlossen. Über mehrere Jahre hinweg wurden jeweils hundert Tankstellen in Hamburg, Köln, Leipzig und München genauer erkundet. "Wir haben tiefer gegraben als sonst", sagt Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Die Wettbewerbshüter stellen erstmals in aller Klarheit fest: Es herrscht ein sogenanntes Oligopol. Die fünf großen Konzerne mit den Marken Aral, Esso, Jet, Shell und Total kontrollieren mehr als 70 Prozent des Kraftstoffabsatzes in Deutschland und teilen den Markt quasi unter sich auf. Was alle vermuten, ist nun sozusagen amtlich: Die Benzinpreise bilden sich nicht im harten Wettbewerb.

Freilich konnte das Kartellamt trotz der intensiven Untersuchungen keine Hinweise darauf finden, dass sich die fünf bei den Preisen absprechen und ein Kartell bilden. Das wäre gegen das Gesetz und könnte Strafen nach sich ziehen. Dies alles nach so viel Arbeit ist enttäuschend. Dennoch darf man den Bericht aus Bonn nicht unterschätzen: Indem er das Oligopol klar benennt, befördert er die öffentliche Diskussion um die Höhe der Benzinpreise. Die Verbraucher werden mehr auf den Preis achten und zum Beispiel gezielt an billigeren, konzernunabhängigen Tankstellen tanken und damit die Marktmacht der Großen unterlaufen.

Mehr ist nicht drin.

Es ist das Dilemma von Präsident Mundt und seinen Mitarbeitern, dem Benzin-Oligopol nicht wirklich zu Leibe rücken zu können. In einem Oligopol können die Anbieter äußerst angenehm leben, das wissen nicht nur Volkswirte. Vielen Nachfragern, also den Autofahrern, stehen nur wenige Anbieter, also die Ölkonzerne, gegenüber. Dazu kommt, dass in diesem Fall das Produkt - Benzin oder Diesel - nahezu austauschbar ist. Ein Wettbewerb über die Qualität ist kaum möglich. Gerade bei Tankstellen herrscht auch noch hohe Transparenz - die großen Preistafeln sind für jedermann sichtbar.

Zu allem Unglück sind die fünf Anbieter, die zudem nicht nur Tankstellen, sondern meist auch die Raffinerien und die Ölförderung dominieren, fast gleich stark. Keiner wagt es, sein Verhalten plötzlich zu ändern, die anderen könnten ihn dann schnell aus dem Markt drängen. Die Folge: Der Wettbewerb funktioniert nicht.

Wenn Wettbewerbsschützer Mundt sagt, sein Amt sei keine Preissetzungsbehörde, die verfügen könne, dass die Preise sinken, beschreibt er zutreffend die Grenzen seiner Macht. Das Kartellamt kann lediglich für mehr Wettbewerb sorgen, mit der Folge niedrigerer Preise. So haben die Kartellwächter bereits weitere Fusionen und Übernahmen im Tankstellensektor untersagt; angemahnt wird auch mehr Wettbewerb bei der Vergabe der Tankstellenlizenzen an Autobahnen. Das alles sind richtige Schritte, sie werden das Grundproblem aber nicht lösen.

Keine Lösung wäre es, wenn die Politik dem Kartellamt einfach mehr Macht geben würde. Über ein Entflechtungsgesetz wird bereits diskutiert, ob es kommt, ist völlig offen. Die Konzerne könnten damit gezwungen werden, Geschäft an Dritte abzugeben. So würde vielleicht bei Tankstellen mehr Wettbewerb entstehen, eine Garantie für einen dauerhaft niedrigen Benzinpreis gibt es aber auch dann nicht. Im Gegenteil: Rohöl wird langfristig knapper, die Nachfrage zieht weiter an, die Notierungen steigen weltweit. Und der Staat verdient über die Besteuerung gerne mit.

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