Karstadt-Retter Berggruen: Hohe Investitionen:Schöner shoppen

Ein ausgedünntes Sortiment, dazu ein neuer Look: Karstadt-Investor Nicolas Berggruen will die Kaufhauskette wieder attraktiver machen. Doch in Sachen Führung gibt es noch ein Problem.

C. Busse und S. Weber

Nicolas Berggruen selbst war in London nicht erschienen. Anfang der Woche hatten sich dort Abgesandte des deutsch-amerikanischen Milliardärs und Karstadt-Käufers mit Vertretern des Vermieterkonsortiums Highstreet getroffen. Es ging vor allem um Mietnachlässe für einen Großteil der Karstadt-Immobilien.

Berggruen erhält Zuschlag bei Karstadt

Nicolas Berggruen will 100 Millionen Euro in die Warenhauskette Karstadt investieren, um sie für die Kunden attraktiver zu machen.

(Foto: dpa)

Der amtierende Karstadt-Chef Thomas Fox, ein Vertrauter von Berggruen, präsentierte etwa 40 persönlich anwesenden Vertretern des Highstreet-Konsortiums sowie weiteren telefonisch zugeschalteten Teilnehmern das Konzept. Die Atmosphäre sei "sachlich" gewesen, hieß es danach. Eine Einigung gibt es aber noch nicht.

Gestritten wird nicht nur über die Mieten. Auch der Plan, mit dem Privatinvestor Berggruen Karstadt wieder flott machen möchte, ist seit Tagen Gegenstand heftiger Diskussionen. In London legten die Vertreter Berggruens erstmals Einzelheiten offen. Danach soll nach Informationen aus Branchenkreisen das Karstadt-Sortiment ausgedünnt werden.

Schwerpunkt Leben

Die Warenhauskette werde sich künftig auf sehr viel weniger Produktgruppen konzentrieren. Dazu sollen vor allem Mode-, Schmuck- und Sportartikel, aber auch ein anspruchsvoller Lebensmittelhandel gehören. Letzterer wird derzeit unter dem Namen Perfetto mit dem Partner Rewe betrieben. Ein weiterer Schwerpunkt im Sortiment soll der Bereich Living sein, also Artikel rund um Bad, Schlafzimmer und Küche.

Auch werde Berggruen in die Häuser investieren, wenn auch moderat, heißt es. Der Plan sieht vor, in den kommenden drei Jahren insgesamt 60 Häuser zu renovieren. Pro Standort sollen dafür zwei bis drei Millionen Euro aufgewendet werden. Kritiker weisen zwar darauf hin, dass diese Summe allenfalls ausreiche, die zum Teil stark in die Jahre gekommenen Filialen aufzuhübschen, nicht aber von Grund auf zu sanieren.

Bei Karstadt ficht das aber niemanden an. Geplant sei ein "neuer Look", keine vollständige Renovierung "mit neuen Decken und Böden". Insgesamt sollen nach SZ-Informationen alles in allem im Jahr 100 Millionen Euro investiert werden. In früheren Jahren hatte Karstadt große Summen in Flaggschiffe wie das Oberpollinger in München investiert und andere Standorte vernachlässigt.

Alle Häuser sind profitabel

Nach wie vor soll den Plänen zufolge keines der derzeit 120 Karstadt-Waren- und Sporthäuser geschlossen werden, und alle 25.000 Mitarbeiter sollen ihren Arbeitsplatz behalten, ohne weitere Gehaltseinbußen. Allerdings müssten sich die Beschäftigten auf "flexible Arbeitszeitmodelle" einstellen.

In Zeiten, in denen in den Kaufhäusern mehr Kunden erwartet würden, müssten künftig auch mehr Mitarbeiter bereit stehen. Geplant sind dem Vernehmen nach auch Anreizsysteme, mit denen die Beschäftigten zu mehr Leistung angespornt werden. Die Mentalität der Mitarbeiter müsse sich schnell ändern, heißt es.

Vom nächsten Jahr an rechnet Karstadt der Planung zufolge bereits wieder mit einem positiven Cash-flow, aus dem dann auch Investitionen getätigt werden können. Dem Vernehmen nach sind schon jetzt alle Häuser profitabel: "Kein Standort schreibt rote Zahlen." Auch die Geschäftsentwicklung insgesamt sei keineswegs so schlecht, wie gelegentlich kolportiert werde.

Von wegen flügellahm

Das Ziel, im Geschäftsjahr 2009/10, das am 30.9. endet, ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen (Ebitda) von 60 Millionen Euro zu erwirtschaften, sei nicht gefährdet, betonten Beteiligte. Die Geschäftsentwicklung sei durch die Ungewissheit über die Zukunft der Firma nicht beeinträchtigt, wird betont. Dies gelte auch für die in diesen Wochen zu tätigenden Dispositionen für das Weihnachtsgeschäft.

"Es wird keine Order zurückgehalten. Sollte das Unternehmen am Ende doch liquidiert werden, wird die Ware eben abverkauft", heißt es. Es seien allerdings drei bis vier Jahre "harte Arbeit" erforderlich, um das Unternehmen auf ein festes Fundament zu stellen.

Auf Seiten Berggruens gibt man sich optimistisch: Die Einigung mit dem Vermieterkonsortium Highstreet sei eher eine Frage von Tagen als von Wochen. Einige Vertreter des Highstreet-Konsortiums fürchten dagegen, Karstadt sei schon in ein paar Monaten wieder flügellahm, weil Berggruens Plan nicht belastbar sei.

Offen ist, wer Karstadt führen wird, sollte der Investor endgültig den Zuschlag erhalten. Dem Vernehmen nach kann sich Sanierer Fox möglicherweise vorstellen, zunächst für ein bis zwei Jahre an Bord zu bleiben. Fox übernahm die Führung nach der Insolvenz vor einem Jahr und hat sich seitdem im Unternehmen nicht nur Freunde gemacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: