Karstadt und Kaufhof:Das wahre Motiv für die Kaufhaus-Fusion: Immobilien-Spekulation

Karstadt und Galeria Kaufhof in Düsseldorf

Schlechte Lage, gute Lagen: Die Immobilien der angeschlagenen Kaufhausketten Karstadt und Kaufhof versprechen gute Renditen.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Karstadt und Kaufhof befinden sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Lukrative Geschäfte versprechen nur die Immobilien. Für die Mitarbeiter bedeutet das nichts Gutes.

Kommentar von Michael Kläsgen

Bei dieser Fusion kann man leicht Missverständnissen erliegen. Hier verbündeten sich nicht zwei "Giganten", wie viele meinen. Zwar kennt fast jeder in Deutschland die Namen Karstadt und Kaufhof. Beide befinden sich aber selbst verschuldet in einem erbarmungswürdigen Zustand. Sie stehen auch nicht in Konkurrenz zueinander. Der Onlinehandel, insbesondere Amazon, ist ihr größter Rivale. Der US-Internetkonzern ist heute eine Billion Dollar wert, das Warenhausgeschäft von Karstadt und Kaufhof so gut wie nichts. Beide haben den Anschluss an die moderne Einkaufswelt komplett verschlafen. Sie haben all das falsch gemacht, was Amazon gelingt. Sie haben so gut wie nie vom Kunden her gedacht.

Weil kein Ende des Niedergangs absehbar ist, wurde der Zusammenschluss notwendig. Er ist damit konsequent und folgerichtig, aber ein Zeichen der Schwäche, nicht der Stärke. Beide Unternehmen sind von Krisen gebeutelt und bündeln ihre letzten Energiereserven. Im Leben, auch im Geschäftsleben, gibt es in der Regel immer mehrere Alternativen, Karstadt und Kaufhof hatten jedoch kaum eine andere Wahl, als sich zu vereinen. Alle anderen Möglichkeiten wären schlechter gewesen als dieses Bündnis.

Ohne Fusion wäre Kaufhof aller Voraussicht nach bald in die Pleite gerauscht, und Karstadt hätte trotz der vielen Sparrunden über Jahre weiter ums Überleben kämpfen müssen. Wohl gemerkt gilt dieses düstere Szenario nur für das Warenhausgeschäft, also den Verkauf von Bekleidung, Haushaltswaren oder Kosmetik - nicht aber für die Immobilien, in denen dieses Geschäft betrieben wird. Deren Wert ist zuletzt immens gestiegen, so wie der von Handelsimmobilien in zentraler Stadtlage generell. Vielen Prognosen zufolge geht es so weiter, solange die Zinsen niedrig und die Finanzierungsmöglichkeiten günstig sind.

Das Spekulieren auf weiter steigende Preise ist das eigentliche Motiv für das beharrliche, jahrelange Interesse von Karstadt an Kaufhof. Die Immobilien sind dem österreichischen Unternehmer René Benko so viel wert, dass er dafür sogar das schwierige Warenhausgeschäft auf sich nimmt. Wegen der Immobilien lässt auch die kanadische Kaufhof-Mutter HBC nicht ganz vom Kölner Warenhauskonzern los. Im Kern geht es also um Spekulationsgeschäfte mit Immobilien: Ware Haus statt Warenhaus. HBC hat mit den Immobilien viele Millionen verdient.

Der Zusammenschluss bedeutet sicher keine Rettung für die Institution Warenhaus. Er beendet unmittelbar weder die Not von Kaufhof noch von Karstadt. Er lindert sie bestenfalls, aber das auch nur vorübergehend. Der Zusammenschluss ist nur der vorerst letzte Akt in einer langen, traurigen Konsolidierung. Horten, Hertie, Neckermann, Quelle, sie alle verschwanden vom Markt. Als einziges großes Unternehmen übrig geblieben ist jetzt das Joint Venture. Auch dessen Geschäft wird weiter schrumpfen, ehe der Umsatz im Idealfall irgendwann wieder steigt. Die Fusion kann daher nur ein Zwischenschritt sein auf einem Weg, von dem niemand genau weiß, wohin er führt.

Für die Beschäftigten kommen die schmerzhaften Nachrichten erst noch

Für die Mitarbeiter bedeutet das nichts Gutes. Auf Seiten Kaufhofs wird vorerst weiter ungewiss sein, was aus den Jobs wird. Jeder vierte Arbeitsplatz könnte wegfallen. Bestehende Mietverträge, die Mitbestimmung und die aus Arbeitgebersicht hohen Kosten für Sozialpläne verhindern zwar Massenentlassungen. Dennoch wird beim Personal gekürzt werden. Aufschlussreich dabei ist, sich anzuschauen, wie Karstadt die Wende zum Besseren schaffte: im Wesentlichen durch eine konsequente Sparpolitik vor allem auch beim Personal, durch Lohn- und Gehaltsverzicht.

Die günstigeren Personalkosten haben Karstadt letztlich gegenüber Kaufhof relativ stark gemacht. Man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, was das für die Kaufhof-Mitarbeiter bedeutet. Ihre Gehälter werden sich voraussichtlich trotz aller Proteste der Gewerkschaften denen bei Karstadt angleichen. Die für die Beschäftigten schmerzhaften Nachrichten kommen erst noch. Trösten kann die Beschäftigten da vielleicht nur die Gewissheit, dass sie ihren Arbeitsplatz ohne Fusion wohl ganz verloren hätten.

Zufriedenstellen mag diese Erkenntnis niemanden. Sie ist aber die logische Konsequenz der Jahre währenden Unfähigkeit, sich den wandelnden Bedürfnissen der Kunden anzupassen. Kaufhof und Karstadt erwirtschaften heute nur etwa halb so viel Umsatz wie Amazon allein in Deutschland. Der wahre Gigant ist der US-Internetkonzern. Ihm müssen sie gemeinsam Kunden abjagen, um nicht ganz unterzugehen - und nicht sich gegenseitig.

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