Karl-Heinz Grasser:Wien, Wien, nur du allein...

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Der frühere österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser macht auf Unternehmer. Sein Risiko aber ist denkbar gering.

Wolfgang Simonitsch

Karl-Heinz Grasser muss kleinere Brötchen backen. Für den ehemaligen österreichischen Finanzminister ist aus der erträumten großen internationalen Aufgabe noch nichts geworden.

Doch seit einer Woche hat er einen, wie er sagt, neuen "Hauptjob''. Er geht zwar nicht als Investmentbanker nach London, sondern bleibt in Wien. Dort ist er Vorsitzender einer neuen Managementgesellschaft seines Freundes Julius Meinl, der "Meinl International Power'' (MIP), geworden, die sich im Energiesektor in Osteuropa engagieren will.

Grasser hat sich an MIP außerdem zu einem Drittel beteiligt. Sein Risiko dabei ist allerdings nicht allzu groß:

Laut Börsenprospekt der MIP, die seit Dienstag 75 Millionen Aktien zum Preis von zehn Euro anbietet, hat Grasser nur einen einzigen Euro riskiert, wie einige Wiener Blätter genüsslich vermelden.

Denn die auf der Kanalinsel Jersey angesiedelte Firma ist bisher, angeblich versehentlich, bloß mit einem symbolischen Minimalkapital ausgestattet worden. Das haben penible Beobachter der Grasserschen Neupositionierung freilich rasch entdeckt.

Solche gibt es zuhauf. Seit Grasser mit großem Aplomb vor fünfeinhalb Monaten der Politik den Rücken kehrte, weil er von den Christdemokraten nicht als Vizekanzler nominiert wurde, sind ganze Kohorten von Reportern hinter dem weiteren Werdegang des früheren "Lieblings-Schwiegersohns der Nation'' her.

Der 39-jährige "fesche Karl-Heinz'' war zunächst nur am neuen Wohnsitz in Kitzbühel oder am Arm seiner Frau, der Kristallerbin Fiona Swarovski, auf Modeschauen in Paris oder Mailand gesichtet worden.

Im Gespräch hielt er sich mit gelegentlichen Interviews, in denen er mitteilte, mit fünfzehn namhaften Unternehmen über einen neuen Spitzenjob zu verhandeln. Doch dann dürfte ein besonderer und viel beachteter Auftritt Grassers in einem Hochglanzmagazin der berühmte Tropfen zu viel gewesen sein.

Die deutsche Vanity Fair druckte, angeblich gegen Grassers Willen, was er aber nie eingeklagt hat, bemerkenswerte Fotos des Kärntners ab: Grasser mit nackter Brust unter dem Smoking, mit Stecktuch und Champagnerglas in der Hand, Grasser mit Rüschenbluse auf weißem Bettlaken.

Nicht nur britische Repräsentanten von Lehman Brothers, wo Grasser davor im Gespräch gewesen sein soll, waren "not amused''. Auch in der weniger steifen Wiener Bankenszene, die keinen britischen Dresscode pflegt, war das Erstaunen groß.

Die Fotoaffäre und ihre Folgen

Echtes Entsetzen gab es in der christdemokratischen Volkspartei (ÖVP). Nicht auszudenken, wie das eingeschlagen hätte, wäre Grasser nun Vizekanzler der Republik, raunten deren Spitzenfunktionäre.

Zumal, wie sich herausstellte, Grasser die Fotos noch in seiner Zeit als Finanzminister vom Starfotografen Michael Comte hatte knipsen lassen.

Nach der Fotoaffäre sei Grasser gar nichts anderes übriggeblieben, als selbst Unternehmer zu werden, heißt es in Wien.

Neben seinem Job bei der MIP ist er noch Aufsichtsrat in einer kleinen Immobilienfirma und Dritteleigentümer des Unternehmens Valora Solutions: Die vor ein paar Wochen gegründete Firma für "Handel mit Waren aller Art'', Beratung und Vermittlung beschäftigt den Wahlkitzbüheler und Vater in spe aber wöchentlich angeblich nur zwei bis drei Stunden.

© SZ vom 11.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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