Karikaturist Arkas:Als der griechische Banksy verschwand

Titelseite einer griechischen Zeitung mit einer Karikatur von Arkas

Titelseite der Zeitung Ethnos mit einer Arkas-Karikatur. Darauf berichtet ein Nachrichtensprecher: "Nach den Demonstrationen reihten sich viele Bürger um den Premierminister. 'Tut etwas. Wir halten das nicht mehr aus.' - sagte der Premierminister.

(Foto: Hans von der Hagen)

Der anonyme Karikaturist Arkas ist in Griechenland berühmt und beliebt. Doch jetzt bekommt er zu spüren, wie aufgeheizt die Stimmung ist.

Von Hans von der Hagen, Athen

Natürlich macht viele Griechen fassungslos, was sie gerade erleben. Nachts zum Geldautomaten eilen wie am vergangenen Wochenende - das hat sich in das kollektive Gedächtnis des Landes eingebrannt. Tiefer noch traf aber manche ein Ereignis wenige Tage zuvor. Es zeigt sehr deutlich, wie aufgeheizt die Stimmung im Land ist: Arkas verschwand. Genauer: Er bediente seine Facebook-Seite nicht mehr, auf der er normalerweise seine Karikaturen veröffentlicht.

Arkas ist seit 1981 aktiv, seine Identität ist unbekannt, Interviews gibt er nicht. Er ist der Banksy Griechenlands. Anders als der Graffiti-Künstler in London tritt Arkas mit seinen Arbeiten aber regelmäßig in Erscheinung: Er veröffentlicht seine Karikaturen in der Tageszeitung Ethnos, zudem Comic-Bücher in einem Verlag.

Arkas ist für Griechenland so wichtig, weil er die Menschen beruhigen konnte, weil er jedem Ereignis Lächerliches abgewann - wie Harald Schmidt in seinen guten Zeiten. Darum wird Arkas hier dringend gebraucht, wenn die Welt mal wieder zusammenkracht. Doch dann ging er zu weit. Arkas kommentierte vergangene Woche die Verhandlungen mit den Kreditgebern sinngemäß so: "Ich vertraue der Regierung. Sie steht mit beiden Beinen in der Luft."

Die Kommentare der Regierungs-Unterstützer auf Facebook waren wüst. Der Vorwurf: Die Zeitung würde Arkas dafür bezahlen, damit er die Regierung attackiere. Nichts dürfte Arkas schwerer treffen können: Ein politischer Karikaturist wollte er nie sein, sondern eher eine Art Gesellschaftsphysiker. Er will die Mechanismen der Gesellschaft verständlich machen. Und jetzt sollte er mit der Tradition des Unpolitischen gebrochen haben? Einer linken oder rechten Seite zuzuordnen sein?

Eine Reaktion: #JeSuisArkas

Eine Mitteilung erschien auf Facebook - vom Administrator der Arkas-Seite: Darin hieß es, dass in dem aktuell aggressiven Klima offenbar ein Bild falsch verstanden worden sei. Man sei eigentlich dagegen gewesen, dass Arkas sich wegen der bösen Kommentare zurückziehe, könne es aber auch verstehen, dass jemand wie er, der die Öffentlichkeit scheue, nicht auf diese Weise angegriffen werden wolle.

Da war dann wirklich Krise. In Windeseile breiteten sich die Hashtags #FreeArkas und #JeSuisArkas auf Twitter aus, der Regierungspartei Syriza wurde im Netz die Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgeworfen und sogar der Name Stalin fiel. Erst als der Europa-Abgeordnete Dimitrios Papadimoulis von Syriza eilig versicherte, dass Arkas der Beste und die Anschuldigung schlimm sei, kehrte wieder Ruhe ein.

Dann meldete sich der Karikaturist auf Facebook wieder. Und zwar so: "In diesem Land ist es aktuell sehr gefährlich, zu den anderen zu gehören, wer auch immer die anderen sind."

Er veröffentlicht wieder - und ist erneut eindeutig politisch, wenn er sich zum Stimmzettel des Referendums äußert, das die Regierung abhalten lässt: "Wie hoch ist das Pro-Kopf-Einkommen der Einwohner Ugandas? Ja oder Nein.", fragt ein Mann in einer der Karikaturen. Eine Groteske - die sich aus Arkas' Sicht genauso wenig mit der einfachen Ankreuz-Logik beantworten lässt wie die Frage zum Referendum. Warum Uganda? Nun, hier in Griechenland steht Uganda für ein Land, in dem nicht wirklich etwas funktioniert.

"Eines Tages werden wir alle darüber lachen"

Eigentlich aber ist Arkas nicht der Mann für Politik, sondern der für das große Ganze. Er ist bekannt dafür, sich nicht über einzelne Politiker, sondern über eine Gesellschaft lustig zu machen: "Die Quallen haben 650 Millionen Jahre ohne Gehirn überlebt. Warum glaubt ihr, dass dieses Land keine Zukunft hat?"

Oder da sind die Comic-Charaktere wie der "Lebenslängliche", der so heißt, weil er sein ganzes Leben aus unbekannten Gründen im Gefängnis zubringen muss. Sein Wesen ist den Gitterstäben zum Trotz unerschütterlich positiv. Außerdem ist er nicht allein: Mit ihm lebt die Maus Monte Christo, die die Rolle des Zynikers übernimmt.

Arkas ließ unlängst den "Lebenslänglichen" auf dem Weg zum Schafott sagen: "Eines Tages werden wir alle darüber lachen."

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