Kapten and Son:Erst Instagram, dann die echte Welt

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Kapten and Son kommt nach eigenen Angaben gut durch die Pandemie - die Läden der Firma sind trotzdem betroffen, auch der Online-Shop verzeichnete zwischenzeitlich Einbußen. (Foto: N/A)

Die Lifestyle-Marke Kapten and Son ist über die sozialen Netzwerke bekannt geworden und gehört nun zu den am schnellsten wachsenden Accessoire-Firmen in Europa - und das mitten in der Pandemie.

Von Paulina Würminghausen, München

Alles begann mit einer Taucheruhr. Drei Studenten aus Münster befestigten an ihr einen speziellen Chip, der verhindern sollte, dass sie beim Tauchen auf den Meeresgrund sinkt. Die Uhr designten sie eigentlich nur für sich selbst, erzählt Johannes Theobald, einer der Gründer. Für Freunde und Kommilitonen ließen sie schließlich 100 davon produzieren - doch schon nach sieben Tagen waren diese restlos ausverkauft.

Sieben Jahre später haben die Uhren der Marke "Kapten and Son" mit Taucheruhren nur noch wenig gemein. Lediglich das Logo - ein Anker - und der maritime Name - der Kapitän - sind geblieben; den "Sohn" haben sie nur in den Namen genommen, um Tradition vorzugaukeln. Mittlerweile ist Kapten and Son nach eigenen Angaben "eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen für Lifestyle und Accessoires" in Europa - und das mitten in der Pandemie. Auf Instagram verfolgen 830 000 Menschen die Aktivitäten der Firma, die ihre Uhren und mittlerweile auch Rucksäcke und Sonnenbrillen in mehr als 30 Ländern verkauft. Nun hat sie eine der weltweit führenden Investmentgesellschaften angezogen, Ardian.

Die drei Gründer scheinen also ziemlich viel richtig gemacht zu haben. Dabei sei es nie der Plan gewesen, ein Unternehmen zu gründen, so Theobald. Als sein Mitbewohner Fabian Deventer und sein Freund Artjem Weissbeck die Idee zu der Taucheruhr hatten, steckte er gerade mitten in seiner Pilotenausbildung bei der Lufthansa. Nebenbei absolvierte er sein Masterstudium. Doch aus dem anfänglichen Hobby wurde schnell mehr, schon im ersten vollen Jahr erzielten die Freunde einen Umsatz von neun Millionen Euro. "Von dem Erfolg sind wir komplett überrannt worden, das hätten wir niemals für möglich gehalten", sagt Theobald.

Angefangen hat Kapten and Son mit Armbanduhren, mittlerweile verkauft die Firma auch Sonnenbrillen und Rucksäcke. (Foto: Kapten & Son)

Mittlerweile ist Kapten and Son kein Start-up mehr, sondern darf sich offiziell eine "mittelgroße Kapitalgesellschaft" nennen. "Leider", sagt Geschäftsführer Alexander Glörfeld scherzhaft, manchmal hätte er gern die kuschelige Start-up-Atmosphäre zurück. Hauptsache, die Firma werde nicht irgendwann starr und intransparent wie "so mancher Dax-Konzern". Er stieg vor ziemlich genau drei Jahren bei Kapten and Son ein. "Ich hab übermorgen Jubiläum, Jojo, dass du das auf dem Schirm hast", ruft er Theobald im Videogespräch zu. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen erstmals mehr als 50 Millionen Euro Umsatz - ein Wachstum von mehr als 60 Prozent - und sitzt mittlerweile nicht mehr im beschaulichen Münster, sondern in Köln, der Fachkräfte wegen. Als Glörfeld dazu kam, hatte die Firma 30 Mitarbeiter, "inzwischen sind wir 150".

Doch so sehr ihn das Wachstum freue, es bringe auch einige Probleme mit sich, so Glörfeld. Als noch alle 30 Mitarbeiter in einem Großraumbüro saßen, habe jeder mitbekommen, was der andere so treibe. "Jetzt, wo sich das Team auf viele kleine Büros aufteilt, bekommt nicht jeder alles automatisch mit." Durch sogenannte "Townhall-Meetings" - coronabedingt derzeit nur virtuell - versuche das Unternehmen, wieder mehr zu kommunizieren und transparenter zu werden. In den Treffen werde allen Mitarbeitern der aktuelle Status aller anstehenden Veränderungen kommuniziert.

Mit der Bekanntheit kam auch Kritik, etwa der Vorwurf, der Konkurrenz allzu ähnlich zu sein; vor allem Paul Hewitt, einem 2009 gegründeten Schmuck-Unternehmen. Glörfeld weist das zurück. Es sehe zwar so aus, als hätten sie Paul Hewitt kopiert, "aber die haben ihr Logo und ihre Marketingstrategie erst angepasst, als es uns schon gab."

Das Unternehmen ist "sehr, sehr wenig von Corona betroffen"

Schnell wachsen konnte Kapten and Son vor allem, weil die Firma sehr früh eine damals noch ungewöhnliche Marketingstrategie verfolgte: Sie setzte Influencer als Marketing-Botschafter ein, etwa Carmen Kroll - bekannt als "Carmushka" - mit einer Million Followern, oder Ana Johnson mit 1,2 Millionen Followern. Im vergangenen Jahr gab es zudem eine gemeinsame Kollektion mit Model Lena Gercke.

Instagram sei vor allem deswegen eine wichtige Werbeplattform, "weil wir die Kunden da ansprechen, wo sie auch wirklich unterwegs sind", sagt Gründer Theobald. Mittlerweile sei das soziale Netzwerk aber nur noch eine von vielen Marketingstrategien. Im vergangenen Jahr machte Kapten and Son etwa erstmals Plakatwerbung - weg vom Handy, zurück in die echte Welt.

In Zeiten einer Pandemie sei es trotzdem hilfreich, sich auf die virtuelle Welt zu konzentrieren, so Glörfeld. "Unsere Entwicklung wurde durch Corona schon verlangsamt", sagt der Geschäftsführer, aber Kapten and Son sei "sehr, sehr wenig von Corona betroffen". Zwar habe der Online-Verkauf nach Verkündung der Corona-Maßnahmen Verkauf Einbußen gehabt, auch die fünf Geschäfte in Deutschland und das eine in Wien seien betroffen. Und man merke, dass Schüler und Studenten - nach wie vor die Hauptzielgruppe - weniger Rucksäcke kauften. Es wirkt jedoch, als zähle Glörfeld das alles eher entschuldigend auf, so als sei Erfolg in diesen Zeiten gesellschaftlich nicht akzeptiert.

Mit Hilfe der Investmentgesellschaft Ardian will Kapten and Son sich nun internationaler ausrichten. Vor allem in Frankreich will die Marke bekannter werden. Nach Uhren, Rucksäcken und Sonnenbrillen soll außerdem ein weiteres Accessoire hinzukommen. Welches das sein wird, wollen Glörfeld und Theobald erstmal aber noch für sich behalten. Vielleicht bis zum nächsten "Townhall-Meeting".

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