Kampf um Alstom:Frankreich lässt Siemens abblitzen

French Economy Minister Montebourg attends a news conference at the Bercy Ministry in Paris

Verkündet gerade, dass der französische Staat nun selbst beim Industriekonzern Alstom einsteigen will: Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Anraud Montebourg.

(Foto: Reuters)

Die französische Regierung erklärt die Bieterschlacht um Alstom für beendet. Der Staat favorisiert das Angebot von General Electric und will selbst mit 20 Prozent einsteigen. Der große Verlierer wäre Siemens.

Von Christian Wernicke, Paris, und Christoph Giesen

Es ist zwar nur eine kleine Bühne auf der Arnaud Montebourg steht, hier im siebten Stock des Wirtschafts- und Finanzministeriums direkt am Seine-Ufer. Und doch macht er gerade ganz große Industriepolitik. Es ist der Minister, der den Konzernen diktiert, was und vor allem unter welchen Bedingungen sie in Frankreich übernehmen dürfen.

Fast zwei Monate hat sich die Übernahmeschlacht um den französischen Industriekonzern Alstom hingezogen. Und immer wieder hatte sich Montebourg zu Wort gemeldet, meist mit krachenden Anschuldigungen - nun ist er es, der das Ende dieser Schlacht verkündet.

Die Regierung in Paris, erklärt er auf dieser kleinen Bühne, habe sich dazu entschieden, das Angebot von General Electric (GE) zu favorisieren. Allerdings mit einer Einschränkung: Der Staat selbst will mit 20 Prozent einsteigen und dem bisherigen Großinvestor, dem französischen Mobilfunkkonzern Bouygues, Zweitdrittel seiner Aktien abnehmen. Der französische Staat könnte damit zum größten Investor werden.

Sollte GE den Einstieg des Staates bei Alstom jedoch nicht akzeptieren, werde die Regierung das amerikanische Angebot stoppen. "Wenn die Bedingungen nicht erfüllt werden, wird das Angebot von GE blockiert", sagt Montebourg - und schickt ein sehr breites, fast jugendliches Grinsen hinterher.

Siemens besserte sein Angebot noch einmal nach

Im Laufe des Übernahmekampfes hatte die Regierung per Dekret sich selbst ein Vetorecht eingeräumt. Mitte Mai hatte sie dazu im Amtsblatt angekündigt, künftig bei Unternehmensverkäufen im Energie- und Transportsektor ein Wort mitzureden. Eine Lex Alstom also. Und genau dieses Instrument hat Montebourg eingesetzt.

Am Morgen traf bei GE ein dreiseitiger Brief mit den Bedingungen des Ministers ein. Zu diesem Zeitpunkt war die andere Seite, also Siemens und der neue Partner Mitsubishi Heavy Industries (MHI) noch recht unbekümmert.

In den frühen Morgenstunden hatte Siemens eine selbstbewusste Mitteilung verschickt: "Im Ergebnis erhöht sich der Bar-Anteil der Offerte um 1,2 Milliarden Euro auf 8,2 Milliarden Euro."

In einer eilig anberaumten Telefonkonferenz verbreitete Siemens-Chef Joe Kaeser Zuversicht: "Ich danke ihm für die Einladung und freue mich zu hören, was er mir zu sagen hat." Gemeint war Frankreichs Präsident, François Hollande, bei ihm hatte Kaeser am Nachmittag einen Termin. Dabei war die Entscheidung der Regierung längst gefallen.

Kein Wunder, dass sich der Siemens-Chef am späten Freitagabend denn auch ein wenig wortkarg gab. "Wir respektieren und verstehen die politischen Interessen der Regierung auf dem Gebiet der Energietechnik", ließ Kaeser sich zitieren.

EU-Beschränkungen stehen Siemens im Weg

Nimmt GE die Offerte des französischen Staats nun an, könnte das Engagement von Siemens in den vergangenen Tagen umsonst gewesen sein. Im jüngsten Angebot hatten die Münchner das Gasturbinengeschäft der Franzosen sogar mit 4,3 Milliarden Euro bewertet, zuvor hatten sie 3,9 Milliarden geboten. Zudem stellte der deutsche Konzern eine Kooperation im Eisenbahngeschäft in Aussicht. Siemens wollte das eigene Signaltechnikgeschäft in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Alstom einbringen.

Das Angebot von Siemens und MHI sei auch wegen Beschränkungen durch die Europäische Union abgelehnt worden, sagt Montebourg und kündigt an, im Energiebereich solle eine gleichberechtigte Partnerschaft mit den Amerikanern geschaffen werden. Einer Kooperation mit jeweils 50 Prozent von Alstom und GE.

Das Angebot von Mitsubishi unterstützt von Siemens, sagt der Minister und ja, er erwähnt die Japaner zuerst, habe "bewiesen, dass Alstom eine Allianz wert ist und mehr als einen Verkauf verdiente." Vielleicht war Siemens wirklich nur ein Handlanger des Ministers.

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