Kampf gegen Steuerhinterziehung:Spanier applaudieren Messis Fahndern

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Schreck lass nach: Lionel Messi soll Steuern hinterzogen haben. Nun droht ihm sogar Gefängnis.

(Foto: AFP)

Um an Geld zu kommen, hat Spanien den Kampf gegen die Steuerhinterziehung verschärft. Der Fall Messi zeigt, dass auch Prominente ins Visier geraten. Das kommt in der Bevölkerung gut an. Jetzt könnten Spitzenfußballer flächendeckend überprüft werden. Bisher sind sie unantastbar.

Von Thomas Urban

Diese Art von Schlagzeilen hat sich der in seiner spanischen Wahlheimat vergötterte argentinische Fußballstar Lionel Messi kaum gewünscht: Wegen Steuerhinterziehung drohen seinem Vater Jorge Horacio, der seine Geschäfte führt, und ihm mehrjährige Gefängnisstrafen. Ein Teil der Werbeeinnahmen Messis soll unter Umgehung des spanischen Fiskus' auf Konten in Lateinamerika geflossen sein. Messi aber lebt mehr als sechs Monate im Jahr in Spanien, folglich ist er auch hier steuerpflichtig.

Die meisten Kommentatoren halten dem in der Öffentlichkeit eher schüchtern auftretenden Torjäger zugute, dass er von den mutmaßlichen Finanztricksereien nichts gewusst habe - strafrechtlich verantwortlich aber wäre er. Allerdings widersprechen die Steuerberater den Presseberichten. Einigkeit herrscht in den Medien nur darüber, dass die Informationen über die Ermittlungen in der Causa Messi mit Rückendeckung aus dem Finanzministerium in Madrid gezielt weitergegeben worden sind. Die politische Botschaft: "Wir hängen nicht nur die Kleinen."

Zeitgleich mit der Ausarbeitung des rigiden Sparprogramms zur Sanierung der Staatsfinanzen hatte die konservative Regierung unter Mariano Rajoy Maßnahmen zur Erhöhung des Steueraufkommens beschlossen. Dazu gehört eine Aufstockung des Personals der Steuerfahndung. Nach Schätzungen spanischer Wirtschaftsinstitute lag bis Ende 2011, als die jetzige Regierung ihre Amtsgeschäfte aufnahm, die Aufklärungsquote der Finanzämter bei kaum zwei Drittel. Mit anderen Worten: Ein Drittel der Gesamtsumme, die den Steuergesetzen zufolge an den Fiskus hätte fließen müssen, wurde nicht eingetrieben.

Da sich der Eifer der Steuerfahnder aber vor allem gegen kleine und mittelständische Betriebe sowie gegen Privathaushalte wandte, regte sich in den Medien Widerstand. Dies ist wohl der Grund, warum die Presse zuletzt regelmäßig mit Materialien über die Untersuchungen gegen Prominente versorgt wurde, obwohl die Behörden diese personenbezogenen Daten nicht weitergeben dürften. Doch verweisen Kommentatoren der mit der Regierung sympathisierenden Medien gern auf die Bundesrepublik. Dort würden Steuersünder ja auch öffentlich vorgeführt, obwohl bis zu einem Urteilsspruch eigentlich die Unschuldsvermutung gelten müsste.

Messi in guter Promi-Gesellschaft

So traf es in Spanien in den vergangenen Monaten ein paar Dutzend B-Prominente, darunter Bürgermeister und Bankdirektoren. Messi fände sich nun neben dem Schwiegersohn des Königs, Inaki Urdangarin, dem neben Unterschlagung auch Steuerhinterziehung vorgeworfen wird, als prominenteste Figur in der obersten Liga wieder.

Doch die Verfahren der Prominenten machen nur einen Bruchteil der täglichen Arbeit der Steuerfahnder aus. Ihre Ertragssteigerung, die sich in manchen Regionen auf mehr als 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr beläuft, hat sie vor allem einer Verfeinerung der Kontroll- und Überwachungsmethoden zu verdanken. Dazu gehört Rasterfahndung: Stromrechnungen und Listen aus Katasterämtern werden verglichen. Aus der Höhe des Stromverbrauchs lässt sich ablesen, ob ein angeblich leer stehendes Fabrikgebäude nicht doch genutzt wird, oder ob ein Ferienhaus wirklich nur im Sommer bewohnt ist.

Zu dem Vorwurf, in den Feriengebieten würden besonders oft ausländische Immobilienbesitzer ins Visier genommen, nehmen die Behörden keine Stellung. Aus der Sicht der Steuerexperten ist es aber nur logisch, dass hier besonders intensiv geprüft wird - denn gerade auf diesem Feld sind besonders große Zuwachsraten zu erreichen. Zum einen müssen Ausländer, die wie Messi überwiegend in Spanien leben, nicht nur Steuern, sondern auch Sozialversicherung zahlen - ein Großteil der Rentner aus den Ländern nördlich der Alpen hat dies bislang nicht getan, oft aus Unkenntnis der Gesetzeslage, was aber nicht vor strafrechtlichen Konsequenzen schützt. Zum anderen sind alle Einnahmen aus Immobilienbesitz in Spanien zu versteuern, auch wenn die Eigentümer nicht ständig im Lande leben. Hier haben sich für die Steuerfahnder Internetportale, über die Ferienhäuser vermittelt werden, als hilfreich erwiesen.

Die Branche rätselt nun, ob die Causa Messi der Auftakt zu einer flächendeckenden Überprüfung von Spitzenfußballern ist. Bislang galten diese als unantastbar. Zudem haben die Finanzämter, offenkundig auf Anweisung des Ministeriums, immer wieder Spitzenvereinen großzügige Steuernachlässe gewährt - und damit nach Meinung der ausländischen Konkurrenz nicht wenig zur Wettbewerbsverzerrung beigetragen. In den Vorkrisenzeiten hat diese selektive Großzügigkeit die spanische Öffentlichkeit wenig beschäftigt. Doch nun bekommen die Steuerfahnder, die Prominente aufs Korn nehmen, Beifall in Kommentarspalten und Internetforen.

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