Kampf gegen Hacker:Verfassungsschutz will angreifen

Die deutschen Sicherheitsbehörden fordern das Recht, aktiv gegen Hacker vorgehen zu können - auch im Ausland. Durch die weltweite Vernetzung gebe es einen "Hochrisikoraum".

Von Markus Balser, Berlin

Der Verfassungsschutz will deutsche Unternehmen auch mit Gegenschlägen vor den Folgen eines Cyberangriffs schützen. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen fordert, dass Sicherheitsbehörden aktiv gegen die Infrastruktur von Hackern vorgehen können - auch im Ausland. Wenn solche Strukturen entdeckt würden, müsse es möglich sein, sie zu beschädigen oder zu vernichten, sagte Maaßen am Donnerstag bei einer Fachkonferenz zum Thema Wirtschaftsspionage und Wirtschaftsschutz in Berlin. "Wir haben ein Interesse daran, dass Angreifer die Daten verlieren, die sie gestohlen haben. Man muss solche Daten eventuell zum Schutz des Opfers zerstören." In Gremien der Bundesregierung werden entsprechende Möglichkeiten derzeit diskutiert, technische Voraussetzungen und juristische Grundlagen geprüft. Maaßen plädiert für eine geteilte Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden. Der Verfassungsschutz solle gegen Attacken von Nachrichtendiensten, die Bundeswehr gegen militärische und das Bundeskriminalamt bei Aktivitäten der organisierten Kriminalität aktiv werden.

Aus Sicht des Verfassungsschutzes wachsen die Gefahren für die Wirtschaft. Die immer stärkere digitale Vernetzung schaffe einen "Hochrisikoraum", so Maaßen. Unternehmen seien so gefährdet wie noch nie, Ziel von Angriffen zu werden. "Je mehr vernetzt ist, desto mehr Angriffsmöglichkeiten gibt es." Die Digitalisierung führe zu bislang unvorstellbaren Risiken und Verwundbarkeiten. Denkbar seien etwa Angriffe auf selbstfahrende Fahrzeuge.

Viele Unternehmen seien schlecht geschützt. Zum Teil würden Cyber-Attacken bei Firmen erst mit einer Verzögerung von sechs Monaten oder einem Dreivierteljahr entdeckt, beklagte Maaßen. Die Angriffe seien so ausgefeilt, dass Angriffstrojaner nach der Attacke vernichtet und alle Spuren verwischt würden. Dann sei nur noch der Schaden feststellbar - etwa wenn Konkurrenten ein baugleiches Produkt auf den Markt brächten.

Schätzung zufolge liegt der jährliche Schaden durch solche Angriffe in Deutschland bei 50 Milliarden Euro. Laut Verfassungsschutz kommen viele Angriffe aus Russland und China, aber auch aus Iran oder Indien. Immer häufiger sind den Angaben zufolge in die Angriffe auf Unternehmen auch Nachrichtendienste eingebunden.

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