Kampf gegen Geldwäsche:Transparenz nur für Insider
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Hintermänner von Scheinfirmen bleiben den Bürgern meist verborgen. Mit dem neuen Unternehmensregister der EU sollte sich das eigentlich ändern, doch jetzt fehlt eine entscheidende Formulierung. Sind die Mitgliedstaaten wieder einmal vor der Wirtschaftslobby eingeknickt?
Von Claus Hulverscheidt, Berlin
Verlässt man sich auf den Koalitionsvertrag, dann erscheint alles in bester Ordnung: Steuerhinterzieher und Steuertrickser, Geldwäscher und Schwarzkontoinhaber sollen sich in ihrem Bemühen, den Staat übers Ohr zu hauen, nicht länger hinter Stiftungen, Treuhändern, Briefkastenfirmen und anderen dunklen Konstruktionen verbergen können.
Komme es auf Ebene der Industrieländer zu keiner einheitlichen Regelung, so heißt es markig auf Seite 91 des Papiers, "werden wir nationale Maßnahmen ergreifen". Dazu zähle neben einem beschränkten Betriebsausgabenabzug für Zahlungen an Briefkastenfirmen auch die Schaffung eines öffentlichen Registers, das die Namen derer aufdeckt, die hinter den Treuhändern stehen und in deren Taschen das Geld am Ende fließt.
Klingt gut - ist es aber nicht, wie Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, beklagt. Er hält die Pläne der Bundesregierung nicht nur für unzureichend, sondern bescheinigt ihr sogar eine "regelrechte Transparenz-Allergie", wenn es darum geht, Strohmänner zu enttarnen und die Nutznießer von Trick- und Tarnkonstruktionen beim Namen zu nennen.
Als Beleg verweist Giegold auf die neue Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU, um die derzeit in Brüssel gerungen wird. Darin taucht das Vorhaben eines Unternehmensregisters mit den Namen der wirtschaftlich Berechtigten zwar auf. Anders als vom Parlament gefordert, sollen nach Lesart des Grünen-Politikers aber nur Behörden die Liste einsehen können - und nicht etwa Abgeordnete, Journalisten oder einfache Bürger.
"Ein Witz", schimpft Giegold im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, denn: "Steueroasen und Geldwäscher scheuen Transparenz wie der Teufel das Weihwasser. Nur ein öffentliches Register wird den notwendigen Fortschritt beim Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung bringen."
Stattdessen seien die EU-Mitgliedstaaten wieder einmal vor der Wirtschaftslobby eingeknickt. "Die ganze Rhetorik der letzten Jahre ist als leere Worthülse entlarvt worden", so der Grünen-Mann. Die Bundesregierung habe sich während der bisherigen Beratungen kräftig daran beteiligt, die Idee eines tatsächlich öffentlichen Registers zu hintertreiben.
Tatsächlich fehlt in der vom EU-Finanzministerrat beschlossenen Formulierung der Direktive die noch in der Parlamentsfassung vorgesehene explizite Festlegung, dass das Register tatsächlich allen interessierten Bürgern zugänglich sein soll. Zur Begründung heißt es intern, eine öffentliche Benennung der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen und Stiftungen würde die Privatsphäre verletzten.
Giegold hält das für ein vorgeschobenes Argument: "Man muss ja nicht die Adressen und die Telefonnummern der Betroffenen veröffentlichen", sagt er. "Die Öffentlichkeit hat aber ein Anrecht darauf zu erfahren, wer sich hinter welcher Schachtelkonstruktion versteckt." Um Missbrauch zu verhindern sollen sich nach den Vorstellungen des Parlaments Bürger, die die Liste einsehen wollen, zuvor registrieren lassen.
Die Zurückhaltung der Mitgliedsstaaten beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Frage des Unternehmensregisters. Vielmehr wehren sich die Finanzminister auch gegen die Forderung des Parlaments, bei Verstößen gegen die Geldwäscherichtlinie die Täter namentlich zu nennen. Stattdessen soll die Öffentlichkeit häufig nur zeitverzögert oder in anonymisierter Form über etwaige Gesetzesverstöße und die verhängten Strafen unterrichtet werden.
Giegold setzt darauf, dass auch hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, am Ende nämlich müssen sich Ministerrat, Europarlament und EU-Kommission auf eine gemeinsame Sprachregelung verständigen. "Wir fordern die Finanzminister auf, dieses Dossiers ihren Beamten zu entreißen und öffentlich über Möglichkeiten einen progressiven Gesetzgebung entlang der Linien des Europaparlaments zu debattieren", so der Grünen Politiker.
Auch das entwicklungspolitische Bündnis One fordert eine klare Regelung: Allein Afrika verliere jedes Jahr 44 Milliarden Euro durch illegale Geldflüsse, die vor allem über anonyme Trusts und Scheinfirmen liefen, sagte One-Aktivist Andreas Hübers. "Nur größtmögliche Transparenz kann diese Strukturen zerstören. Dazu gehören unbedingt öffentlich zugängliche Register über die wahren Nutznießer der Firmen und Trusts."