Kalifornien: Problem Schwarzenegger:Arnie und die Kuhschwänze

Kalifornien ist pleite - und Schwarzenegger kennt natürlich die Schurken. Das Problem aber ist er selbst.

Carsten Matthäus

Arnold Schwarzenegger weiß, wie man Pointen setzt. Er ruft nicht einfach den finanziellen Notstand Kaliforniens aus, er garniert jeden seiner Sätze mit scharfen Attacken auf unfähige Abgeordnete. Aber nicht nur das, er bringt es auf eine griffige Formel: "In der Mitte einer Budgetkrise reden die über Kuhschwänze." Den Video-Beweis hat er auch parat.

Arnold Schwarzenegger, Foto: dpa

Messianische Posen: Schwarzenegger in Action

(Foto: Foto: dpa)

Schwarzengger hat recht. Es wird im kalifornischen Parlament gerade darüber geredet, ob das Kappen von Kuhschwänzen verboten werden sollte oder nicht. Aber um die Frage von Grausamkeit gegen Tiere soll es hier nicht gehen, sondern um das Schwanzwedeln an sich.

"Wag the dog" (Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt) heißt der Film, in dem Robert De Niro und Dustin Hoffman als abgeklärte Polit- und Hollywood-Profis dem Präsidenten der USA mit einer höchst fragwürdigen Aktion beispringen. Sie lenken die Öffentlichkeit von einer sehr peinlichen Affäre des Präsidenten ab, indem sie irgendwo auf der Welt einen Krieg inszenieren, dafür Filmsequenzen drehen und Solidaritätslieder singen lassen.

Perfekte Fiktion

Der Hollywood-Veteran Arnold Schwarzenegger braucht solche Spin-Doktoren nicht. Als Megastar sorgt er ganz allein für die perfekte Fiktion eines Regierenden.

Niemand muss für ihn mit irgendetwas wedeln, um von peinlichen Problemen abzulenken. Arnold ist nichts peinlich. Er beherrscht jeden Trick der Selbstinszenierung, überstahlt mit seiner kraftstrotzenden Präsenz jede Krise und zündet sich ganz entspannt eine Zigarre an, wenn andere schon am Rand des Nervenzusammenbruchs unterwegs sind. Einmal scherzte er, er werde seinen Finanzchef unter "Selbstmord-Aufsicht" stellen lassen, wenn es mit den Finanzproblemen Kaliforniens weitergehe. Lacher und Applaus im Publikum.

Noch immer ist jeder seiner Auftritte ein Spektakel. Schulkinder kreischen entzückt, wenn er über die Flure seines Regierungssitzes läuft, für sie ist er immer noch der starke Onkel, der Kindergarten-Cop. Er kann in einer Minute von betrügerischen Sozialschmarotzern reden und von brutalen Kürzungen staatlicher Leistungen. Schnitt. Nur eine Minute später spricht er - ganz der sorgenvolle Onkel - diesen Satz: "Ich sehe die Kinder, deren Lehrer entlassen wurden. Ich sehe die Alzheimer-Patienten, die mit weniger Pflege auskommen müssen."

In Verlegenheit? Niemals!

Nein, ein Arnold Schwarzenegger kommt niemals in Verlegenheit. Er ist schließlich der Celebrity Governor schlechthin, die Terminator-Inkarnation eines Landesvaters.

Nur ist er eben kein Politiker. Der Republikaner hat seinen Vorgänger mit großem Tamtam aus dem Amt gejagt und großspurig versprochen, die Budgetprobleme des Golden State in den Griff zu bekommen. Sein Rezept dafür war einfach wie ein guter Filmplot: Ausgaben kürzen, wo es geht, und die Steuer nicht erhöhen. In Terminator-Sprache: ein gekonnter Kraftakt und der ins Verderben fahrende Zug bleibt einfach stehen.

Im Grundsatz wiedersprach da auch keiner. Im Detail steckte Schwarzenegger eine politische Schlappe nach der anderen ein. Komischerweise fanden sich bei Referenden immer genug Kalifornier, die eine bestimmte Kürzung staatlicher Ausgaben ablehnten. Nur das freiwillige Einfrieren der Bezüge des Gouverneurs Schwarzenegger und seiner Entourage wurde von den Wählern durchgewinkt. Auch nicht verwunderlich.

Schwarzenegger kann also mit so vielen Kuhschwänzen wedeln, wie er will. Als Gouverneur von Kalifornien ist er noch bis 2010 im Amt und gilt jetzt schon als lame duck - lahme Ente. Diesen Titel trug zuletzt George W. Bush am Ende seiner Amtszeit.

Der Governator ist in sechs Jahren an der Spitze Kaliforniens keinen Schritt weiter gekommen mit der Sanierung der Finanzen. In Terminator-Sprache: Der Zug ist einfach über ihn drübergefahren und der Held muss kurz ins Erdloch. Er kann nur noch zusehen, wie das Land verkommt, das - einzeln gezählt - noch die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt ist. Und er muss das tun, was ganz normale Erbsenzähler tun: den Staatsbediensteten die Löhne kürzen und Hunderttausende Rechnungen einfach erst im Herbst bezahlen.

Vielleicht wäre es besser, die Kuhschwänze zu vergessen, das Rampenlicht kurz auszuschalten und einmal genau ins Publikum zu schauen. Dann würde Schwarzenegger vielleicht auch das Plakat auffalen, das ihm häufig von Demonstranten entgegengehalten wird: "Arnold, this is not a movie."

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