Kai-Uwe Ricke beim Telekom-Prozess:Lauwarmes Interesse

Wann stand die Übernahme des US-Mobilfunkers Voicestream fest? Das ist die zentrale Frage im Telekom-Prozess in Frankfurt. Einer, der das wissen sollte, wurde jetzt vom Gericht angehört - der damalige T-Mobile-Chef Kai-Uwe Ricke.

Markus Zydra, Frankfurt

Kai-Uwe Ricke betritt den Verhandlungssaal. Etwas stelzig der Gang, leicht vornüber gebeugt, aber sehr bestimmt. Der ehemalige Chef der Telekom setzt sich mit Elan auf den Zeugenstuhl des Oberlandesgerichts Frankfurt. Man spürt, er will sofort loslegen - und das macht er dann auch, nachdem er seinen Beruf als Kaufmann und seinen Wohnsitz in der Schweiz zu Protokoll gegeben hat.

Kai-Uwe Ricke beim Telekom-Prozess: Die Übernahme durch Voicestream erfolgte relativ kurzfristig - sagt der damalige Chef von T-Mobile und spätere Telekom-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke.

Die Übernahme durch Voicestream erfolgte relativ kurzfristig - sagt der damalige Chef von T-Mobile und spätere Telekom-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke.

(Foto: Foto: AP)

Ricke ist sehr gut vorbereitet. Kurze Sätze, deutliche Artikulation. Ein guter Erzähler ist der 46-Jährige. Keine blumigen Ausschmückungen, keine Ähs, kein Stocken. Er spricht und diktiert gleichzeitig.

Telekom: Voicestream-Übernahme erfolgte kurzfristig

Im Herbst 1999 kam Voicestream erstmals auf den Radar. Dann folgten im März 2000 zwei Treffen mit Vertretern des US-Konzerns in New York, sagte er und fügte hinzu, dass er zu keiner Zeit in die Gestaltung von Übernahmen einbezogen war. "Zu den Angeboten an Voicestream kann ich deshalb nur sehr wenig sagen", so Ricke. "Das Interesse an Voicestream war aber sehr lange lauwarm".

1999 war Ricke Geschäftsführer von T-Mobile, im Jahr 2001 kam der Ruf in den Telekom-Vorstand. Ein Jahr später löste er bis 2006 den glücklosen Telekom-Chef Ron Sommer ab. In dem Musterprozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt geht es um eine Grundsatzentscheidung. Strittig ist, wann die Deutsche Telekom im Jahr 2000 die Übernahme des US-Konzerns Voicestream ernsthaft in Angriff nahm.

Sollte das schon im Juni 2000 der Fall gewesen sein, so hätte dieser Plan nach Ansicht der Kläger in den Börsenprospekt zur dritten Aktienplatzierung der Telekom gehört. Die Telekom sagt, dass die Übernahme von Voicestream erst am 23. Juli 2000 durchgezogen wurde, und zwar sehr kurzfristig. Ernsthafte Gespräche habe es erst ab Ende Juni gegeben.

Angebot mit Trick

Insgesamt prozessieren 17.000 Anleger in 2700 anhängigen Verfahren gegen den Bonner Konzern. Es geht um 80 Millionen Euro Schadenersatz. Am Dienstag Vormittag hatte ein früherer Manager der Telekom die Konzernsichtweise bestätigt. Bis zu entscheidenden Verhandlungen mit Qwest Mitte Juli 2000 seien alle anderen Gespräche nachrangig gewesen, sagte Max Hirschberger, ein enger Mitarbeiter des früheren Vorstandschefs Ron Sommer.

Ein Anfang Juni vorgelegtes, unverbindliches Übernahmeangebot für Voicestream sei unterbreitet worden, um den Gesprächsfaden mit Voicestream nicht abreißen zu lassen. Das Angebot sei so abgefasst worden, dass Voicestream es nicht habe annehmen können, sagte Hirschberger, der für die Analyse des US-Mobilfunkmarkts zuständig war.

Unterdessen ist das Feststellungsziel dieses Prozesses auf Antrag der Klägerseite vom zuständigen Landgericht erweitert worden. Es werden nun auch deliktische Ansprüche der Anleger verhandelt. Basis ist hier die Feststellung der Staatsanwaltschaft Bonn. Sie hat 2005 einen hinreichenden Tatverdacht festgestellt, dass die Immobilienbewertung bei der Deutschen Telekom im Jahr 1995 und in den Folgejahren bis 1997 überhöht gewesen und in den Bilanzen in strafrechtlich relevanter Weise falsch dargestellt worden sei.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: